Life & Style Mit spätestens 68 ist Schluss? Quatsch: „Menschen können länger arbeiten“

Mit spätestens 68 ist Schluss? Quatsch: „Menschen können länger arbeiten“

Ein verordneter Ruhestand kommt für Sie also nicht in Frage?

Dahinter steckt die Vorstellung: Alles, was Freizeit ist, ist gut, und alles, was Arbeit ist, ist schlecht. Das halte ich sowieso für falsch. Diese Vorstellung kommt aus einer Zeit, in der wir physisch hart gearbeitet haben. Aber viele sind heute auch nach 40 Jahren Arbeit nicht erschöpft.

Das stellt das ganze Rentensystem auf den Kopf, was sie da sagen. Sollte man denn überhaupt noch ein Renteneintrittsalter definieren?

Ich bin kein Rentenexperte. Aber wir wissen alle, dass es so nicht weiter geht. Ein immer größerer Anteil unserer Budgets geht in Renten- und Pensionsleistungen. Wenn wir nicht dazu übergehen, das individualisierter zu betrachten, kommt der Kollaps. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern diese Wahrheit zumuten. 

Was halten sie vom Begriff Work-Life-Balance?

Der Begriff ist falsch. Work und Life sind nicht schlecht und gut, sondern unauflösbar miteinander verwoben.

Es gibt aber schon Argumente dafür, dass ältere Arbeitnehmer ihren Platz auch mal räumen. Firmen brauchen Nachwuchs, sie müssen sich entwickeln können. Sie müssen Trends entdecken. Manches davon können Jüngere besser.

Es geht nicht darum, dass ältere Arbeitnehmer ihren Platz überhaupt nicht räumen. Es geht darum, Modelle zu finden, wie Ältere behutsam den Wechsel begleiten. Warum kann nicht jemand aus einer Führungsposition in eine Expertenrolle wechseln? Das wird oft falsch gemanagt. Da bleibt jemand bis zum Schluss in seiner Funktion und geht dann abrupt. Dabei ist der Dialog zwischen unterschiedlichen Generationen unglaublich befruchtend. Expertenrollen kann man auch anreichern mit Verantwortung, so dass die Menschen, die vorher in Führungspositionen steckten, auch Bock darauf haben. 

Es gibt so Binsenweisheiten: Die Jungen sind neugieriger und schneller. Die Alten sind erfahrener und laufen nicht jeder Mode hinterher. Gibt es darüber hinaus Fähigkeiten, die sich den Generationen zuordnen lassen? 

Nicht 1:1. Es ist natürlich klar, dass die sogenannte Jugend viel intuitiver Technologie beherrscht und nutzt. Gleichzeitig führt das oft zu Verkürzungen, die ich manchmal beobachte und schade finde. In den meisten Arbeits- und Lebensbereichen ist Technologie unfassbar sinnvoll. Sie darf aber nicht den eigenen geistigen Kreativprozess verkürzen oder verhindern. Ich sehe – und ich ordne das schon indirekt diesem Thema zu – das ältere Menschen ihrem eigenen Wissen viel intuitiver vertrauen und dadurch auch häufig mehr Neigung zur Abstraktion haben. Allgemein glaube ich aber, dass wir einen Fehler machen, wenn wir Kompetenzen Altersgruppen zuordnen wollen. Genau solche Schablonensichtweisen halte ich für falsch. 

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