Leadership & Karriere So steht es um die Fehlerkultur in deutschen Unternehmen

So steht es um die Fehlerkultur in deutschen Unternehmen

Wir alle machen Fehler – das ist menschlich und auch gut so, denn aus Fehlern kann man lernen. Eine gesunde Fehlerkultur, in der kleine Missgeschicke nicht gleich schlechte Stimmung oder gar eine Kündigung zur Folge haben, ist im Job deshalb essentiell. Doch wie steht es aktuell in deutschen Unternehmen um die Fehlerkultur?

Das hat der Fehlerkultur Report 2023 von EY in Kooperation mit der ESCP Business School und der Hochschule Hamm-Lippstadt ermittelt. Im Rahmen der Studie wurden 200 Führungskräfte und 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Branchen Finanzwirtschaft, Automobil, Transport und Logistik sowie Maschinenbau befragt.

Arbeitnehmende wünschen sich eine gute Fehlerkultur

Ein proaktiver und konstruktiver Umgang mit Fehlern ist sowohl vonseiten der Führungskräfte als auch der Mitarbeitenden gewünscht. Das zeigt die hohe Relevanz dieses Themas. Für Führungskräfte ist ein solcher Umgang mit Fehlern sogar noch wichtiger als für die Angestellten. Eine gute Fehlerkultur wird auch als essentiell für die Innovationskraft eines Unternehmens angesehen und ist entscheidend für die Attraktivität von Arbeitgebenden.

Status Quo: Offenheit ist nicht der Standard

Doch so wichtig eine gute Fehlerkultur auch sein mag, wie sieht es denn tatsächlich damit aus? Aktuell empfinden nur 50 Prozent der Mitarbeitenden und 60 Prozent der Führungskräfte eine offene Diskussionskultur zwischen den Angestellten und deren Vorgesetzten. 14 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich mehr Offenheit im Unternehmen.

Die Perspektiven von Angestellten und Führungspersonen unterscheiden sich teilweise stark in den verschiedenen Branchen, insbesondere in der Automobilindustrie: Dort nehmen 80 Prozent der Führungskräfte eine offene Diskussionskultur wahr – bei den Mitarbeitenden sind es hingegen nur 45 Prozent. Trotzdem nehmen die Angestellten allgemein im Vergleich zu 2018 eine Verbesserung der Diskussionskultur von 8 Prozent wahr.

Fehler werden unter den Teppich gekehrt

Trotzdem werden Fehler in Unternehmen eher verschwiegen, insbesondere in der Führungsetage. 39 Prozent der Führungskräfte haben ihnen unterlaufene Fehler nicht angesprochen und 25 Prozent von ihnen haben sie nur teilweise benannt – das sind insgesamt 64 Prozent, die nicht offen mit ihren Fehlern umgegangen sind. Bei den Angestellten sind es im Durchschnitt nur 43 Prozent. In der Finanzindustrie waren es sogar ganze 82 Prozent der Führungskräfte, die ihre Fehler nicht oder nur teilweise angesprochen haben. Die Gründe für das Verschweigen liegen sowohl für Angestellte als auch für Führungskräfte in der Sorge vor Karrierenachteilen und der Angst vor dem Jobverlust.

Wie kann die Fehlerkultur verbessert werden?

Führungskräfte nennen als wichtigste Punkte, um eine bessere Fehlerkultur zu erreichen, dass Fehler zugegeben und direkt behoben werden müssen und dass zum regelmäßigen Austausch ermutigt werden sollte. Mitarbeitende sehen das genauso, finden dabei aber das Zugeben von Fehlern um 11 Prozent wichtiger als ihre Vorgesetzten. Doch es liegt auch an den Unternehmen selbst, die zum Beispiel durch Innovationsprogramme oder Vergütungssysteme die Fehlerkultur positiv beeinflussen können.

Das Begehen von Fehlern ist auch eigentlich gar kein Problem – denn Fehler haben zumeist positive Auswirkungen. So konnten bei 39 Prozent der Befragten der Betriebsablauf nach einem Fehler angepasst, zukünftige Zeitpläne überarbeitet (29 Prozent) und die Kommunikation verbessert werden (27 Prozent). Lediglich für weniger als ein Drittel ist nach einem erfolgten Fehler nichts Positives passiert.

Das hybride Arbeiten hat sich außerdem positiv auf die Fehlerkultur in Unternehmen ausgewirkt. Sowohl die Kommunikation und Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen als auch die Offenheit und schnelle Behebung von Fehlern hat sich verbessert. Die Führungskräfte sehen die Entwicklungen in diesen Bereichen dabei als noch positiver als ihre Mitarbeitenden.

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