Innovation & Future Sind wir schon drin?
Weshalb wir der Cloud nicht vertrauen müssen, damit Deutschland endlich digitaler wird


Sind wir schon drin?
Weshalb wir der Cloud nicht vertrauen müssen, damit Deutschland endlich digitaler wird


Gastbeitrag von Felix Schuster, CEO und Mitgründer von Edgeless Systems.

Zettelwirtschaft bei der Neuaufnahme von Patient:innen, gelbe Krankenscheine, all das ist noch immer Alltag in deutschen Arztpraxen. Daran hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert. Und das obwohl sie gezeigt hat, dass die schleppende Digitalisierung nicht nur umständlich, sondern in Krisenzeiten auch gefährlich sein kann. Nicht ganz so drastische Konsequenzen hat die nur sehr langsam fortschreitende Digitalisierung der deutschen Behörden. Aber wer sich in Großstädten wie Berlin ummelden möchte, der kann einen Urlaubstag einplanen. Laut einer aktuellen Umfrage der Bitkom ist vielen Bürgern und Bürgerinnen die Laune dabei längst vergangen: 64 Prozent der Befragten bewerten ihre Stadt als digital rückständig, klagen über überlastete Behörden und umständliche Prozesse. Fast neun von zehn Deutsche (88 Prozent) fordern, das Thema Digitalisierung zu priorisieren, insbesondere für die gängen Behördengänge von der Beantragung des Personalausweises bis zur Wohnsitzmeldung.

Dass es möglich ist, zeigen andere Länder, wie Estland, Südkorea oder Neuseeland. Dort gibt es moderne Online-Plattformen, digitale Prozesse für Passanträge, Steuererklärungen, für die Anmeldung von Geburten und Eheschließungen sowie digitale Gesundheitsakten. Immerhin in diesen Bereich bewegt sich jetzt auch in Deutschland etwas. Diesen Sommer wurde das E-Rezept eingeführt und der rosa Zettel endlich digitalisiert. Seit dem 01. Juli können Versicherte die benötigten Medikamente mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte bekommen. Besonders praktisch: Um ein Folgerezept ausgestellt zu bekommen, ist nicht zwingend ein weiterer Besuch in der Arztpraxis notwendig.

Auch bei der Erfassung der Gesundheitsdaten tut sich was. Im nächsten Jahr gibt es sie für alle verbindlich: die elektronische Patientenakte (ePA). Darin sollen relevante Informationen wie die aktuellen Blutwerte, Befunde oder Vorerkrankungen zusammengefasst werden, um doppelte Untersuchungen und lange Vorgespräche zu vermeiden. Im Notfall kann der schnelle Überblick über den Gesundheitszustands eines Menschen entscheidend sein und Leben retten. Verfügbar war dieser Service bereits seit Anfang 2021, nur mitmachen wollte fast niemand. Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion haben sich bis August nur rund 1 Prozent der Versicherten aktiv dafür entschieden, die ePA freizuschalten. Der Aufwand schien zu groß und die Prozesse insgesamt noch nicht ausgereift. Beispielsweise musste das Einverständnis für die Einsicht in die Gesundheitsdaten sowie die weitere Befüllung noch von jeder Arztpraxis und jedem Krankenhaus individuell eingeholt werden.

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