Life & Style Money Michi: Wo sind nur die Protz-Götter auf Social Media hin?

Money Michi: Wo sind nur die Protz-Götter auf Social Media hin?

Eine Kolumne von Money Michi

Als ich im vergan­genen Jahr einen ersten Entwurf für diese Kolumne schrieb, sah die Social-Media-Welt noch anders aus. Instagram- Seiten wie Hedgefonds Henning und Papas Kreditkarte waren Stars am Meme-Himmel. Und jeden Tag feierten Protz-Götter Ron Bielecki und Jakob Mähren so dekadent, dass man selber auf Ebay nach gebrauchten Jetskis suchte. Wer hatte, der zeigte – und ließ sich feiern.

Aber was ist seitdem nur passiert? Bielecki scheint seit einer heftigen Sauferei bei einem Rammstein-Konzert geläutert. Vor knapp einem Jahr war es noch Julian Zietlow, der ihn wegen Pöbeleien gegen die Security als Markenbotschafter aus der Rocka-Nutrition-Familie
schmiss. Und heute? Macht Zietlow mit überaus fragwürdigen Posts und LSD- Weisheiten auf sich aufmerksam. Da- gegen erscheint Ron Bielecki wie die spießige Version von Robert Geiss.

Die Meme-Seiten Hedgefonds Henning und Papas Kreditkarte gehen weiter den gewohnten Weg. Doch ein Großteil der Finance-Meme-Bubble scheint sich nun seriöser aufstellen zu wollen. Ich sehe eine neue Generation der Finance-Seiten entstehen, die immense Reichweite einheimsen. Und das Interessante ist: Es handelt sich um einen Rückschritt. Auf die Parodie folgt dieses Mal der Ernst – nicht wie sonst.

Denn „Coaches“ und „Karriereberater“ wie David Döbele oder die Gebrüder Baulig nehmen die Videos und Tipps, die sie posten, tatsächlich ziemlich ernst. Was wieder lustig ist, weil deren Material hinterher wieder von den parodistischen Meme-Accounts verarbeitet wird.

Wer Döbeles Videos sieht, weiß natürlich, dass er selbst versteht, in welchem Licht er als „Karriereberater“ steht. Er nutzt das Image aus. Glaubwürdigkeit und Seriosität stehen hintan. Frei nach Döbeles wohl liebster Partei: Reichweite first, Bedenken second.

Die Videos von den Bauligs und Döbele funktionieren dabei immer gleich: ein catchy Hook, in dem entweder hohe Geldsummen genannt werden oder aber das Versprechen einer erfolgreichen Karriere gemacht wird, wenn man die Tipps nur konsequent umsetzt.

Während die erste Generation der Protz- und Prollfluencer mit einem Hauch an Selbstironie bestach, macht bei den neuen Generationen ihr absolutes Selbstbewusst- sein, der Beste zu sein, den Unterhaltungsfaktor aus. Und während man sich bei Jakob oder Ron noch gewünscht hätte, mit dabei zu sein, ist man bei den Bauligs und Döbele froh, ihr Gefasel von Business-Know-how und Selbstbeweihräucherung schnell wegzuwischen.

Es ist ein Teufelskreis: Die meisten Fans der selbst ernannten Coaches nennen sich selbst „Coaches“. Sie zeigen hoffnungsvollen, karrieregeilen und irgendwie verblendeten 18-Jährigen, wie man Geld mit „Coaching“ verdient. Und zwei Jahre später erklären dann die mittlerweile 20-Jährigen bei peinlichen Digital-Business-Networking-Events aus Mamas Wohnzimmer, wie sie endlich „frei“ und „unabhängig“ vom System leben können.

Da kann man nur mit dem Kopf schütteln oder den ganzen Content ironisch konsumieren. Bis die nächste Generation an Business-Bros heranwächst. Hoffentlich mit ein klein wenig mehr Selbstironie als die aktuelle.

In unserer aktuellen Ausgabe 4/23 widmen wir uns in unserem Dossier dem Thema Biz-Konferenzen. Außerdem: Wie Digital Hotspot Vilnius weiterhin anderen Citys voraus sein will, wie die Dudes von Studio Bummens ihr Medienimperium aufbauen wollen und wie das Comeback zum Ex-Arbeitgeber souverän funktioniert. Am Kiosk eures Vertrauens und in unserem Online-Shop.

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