Life & Style Roberta Williams ist die Erfinderin von „King’s Quest“ und die Mutter aller Games

Roberta Williams ist die Erfinderin von „King’s Quest“ und die Mutter aller Games

Rückzug auf die Weltmeere

Im Ferienhaus in Palm Desert, dem Wohnsitz des Power-Couples, wenn es ihm in Seattle zu kalt wird, tauscht Roberta Williams den Sitzplatz mit ihrem Mann Ken vor dem Rechner. Der ist mittlerweile 67 und sagt: „Ich bin gerade ständig im Austausch mit rund 30 Programmierern aus aller Welt, deren Codes in meiner Version unseres neuen Spiels zusammenlaufen.“ Dazu mit Unity, dem Hersteller der Game-Engine für „Colossal Cave“, mit Microsoft, Meta, Sony … Er sei eine Art Zirkusdirektor, nur ohne Peitsche. 

In der Sierra-Manege kam die Zeit von Ken und Roberta Williams nach einem Verkauf an den E-Commerce-Pionier CUC International 1996 für rund 1 Mrd. Dollar allmählich zum Ende. Die Wirren der Übernahme und alles, was im Management und juristisch nachfolgte, wären eine eigene Netflix-Staffel wert. Nur so viel: Ken trat im November 1997 zurück, und Roberta verließ das Unternehmen nach der Premiere von „King’s Quest VIII“, das gegen ihren Willen zu einer Art First-Person-Shooter umgemodelt worden war. Durch eine fünfjährige Wettbewerbssperre quasi zum Nichtstun gezwungen, zog das Paar nach Mexiko. Bald darauf kauften die Williams ihre erste Motoryacht und starteten mit ihren zwei Hunden in ein neues großes Abenteuer. 

„Ich sah uns für 30 Jahre im Gefängnis landen“

Ken Williams

Etliche Bücher hat Ken Williams, der auf den Fotos auf seinem Schreibtisch mal einen Cowboyhut zum Schnauzer trägt, mal Kapitänsmütze oder Golfcap, über ihre Jahre auf den Weltmeeren geschrieben. Ihre Reise über den Atlantik, als eines der ersten privaten Motorboote, was sie auf etliche Fachmagazincover brachte. Oder ihre Durchquerung der Beringsee bis nach Japan, bei zehn Meter hohen Wellen und der Gefahr, mit einem Tanker zusammenzustoßen. 

„Das wird ein Kinderspiel, hat Roberta beim Auslaufen gesagt“, erinnert sich Ken. „Und ich dachte nur, dass uns ihr Mut und Optimismus irgendwann umbringen werden. Also habe ich mich auf alle Notfälle vorbereitet, etwa mit einer Ausbildung zum Marineelektriker und Dieselmechaniker.“ Ihr Wagemut, sein Sicherheitsbedürfnis, eine Dynamik, mit der die beiden Software- und Ozeanpioniere es weit gebracht haben. Allein fünf Jahre schipperten sie kreuz und quer durchs Mittelmeer, und auch in Costa Rica, Australien und Taiwan schauten sie mal vorbei. Die Entwicklung des neuen Spiels, das aus Pandemie-Langeweile seinen Anfang nahm, startete übrigens auch an Bord des jetzigen Schiffs, der „Cygnus“. Dank Starlink von Elon Musk. 

Eine Mumie, aber kein iPhone

Die kurioseste „Indiana Jones“-Anekdote stammt allerdings noch aus ihrer Zeit bei Sierra, als Roberta und Ken ihren zwölfjährigen Sohn Chris mit nach Ägypten nahmen. Klar, dass seine Mutter das große archäologische Museum von Kairo besuchen musste. „Ich wollte unbedingt die Mumie von Ramses sehen“, sagt Williams zum Ende unseres Interviews. Ausgerechnet seine Vitrine jedoch wurde gerade renoviert. Sie erzählt einem Wächter von ihrer Enttäuschung, und der verspricht, ihr den Sarkophag zu zeigen. „Im Gegensatz zu mir hat Ken gleich begriffen und dem Mann ein paar Scheine in die Hand gedrückt.“

Heimlich schleicht die Familie dem Wärter hinterher bis in die nicht öffentlichen Katakomben des Museums, versteckt sich vor einer Gruppe Mitarbeitenden hinter Kisten und gelangt schließlich zur einbalsamierten Leiche des ägyptischen Königs. „Ich sah uns für 30 Jahre im Gefängnis landen, wie in dem Film ‚Midnight Express‘“, erinnert sich Ken Williams. „Ich fand nur schade, dass ich mangels iPhone kein Bild von der Mumie machen konnte“, sagt seine Frau und lacht.

Was denn ihr Bauchgefühl beim Comeback-Spiel ist, in das sie und das weit verstreute Freelancer:innen-Team so viel Mühe investiert haben? Immerhin wirbelt es wegen ihrer ruhmreichen Vergangenheit bereits vorab reichlich Branchenstaub auf. Ob wir mit ‚Colossal Cave‘ Geld verdienen, das ist mir nicht wichtig. Wir wollen nur keinen Schrott abliefern“, sagt Ken. Man ist halt in der Phase, in der es nur noch um den eigenen Anspruch geht. Und Roberta ergänzt: „Natürlich will ich auch wissen, ob ich noch die richtige Magie habe, wie damals bei ‚King’s Quest‘“. Doch egal wie das Urteil der Gamer ausfällt, diese beiden finden garantiert ein neues Abenteuer.

Da ist das Ding! Dieses Mal dreht sich in unserem Dossier alles um das ewige Leben. Was geht bei KI, Kryotechnologie, Longevity und Brain-Uploads? Außerdem: Hollywoods Indie-Genie Todd Field über Cancel-Culture, ein Graf aus Bayern begeistert die Gen Z auf Tiktok mit Benimm-Videos und wir haben uns die Startupszene von Stockholm genauer angesehen. Viel Spaß beim Lesen! Hier gibt es das Magazin zum Bestellen.

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