Life & Style „Die Discounter“: So funktioniert Comedy für Gen Z

„Die Discounter“: So funktioniert Comedy für Gen Z

Wie wichtig der Schnitt für Timing und Rhythmus von Szenen ist, kann einem mittlerweile jeder drittklassige Youtuber lang und breit erzählen. In erfolgreichen Serien wie „Ost Boys“ etwa wurde der Cut zum prägenden Stilmittel. Beim teils durchimprovisierten „Die Discounter“ kommt der Schnitttechnik aber noch mal eine ganz neue Bedeutung zu.

So geht Impro

Die Herangehensweise ist dabei so: Es gibt für jede Szene ein Gerüst in indirekter Rede, einen Ausgangs- und einen Endpunkt. Dazwischen kann dann gerne alles passieren, Darstellerinnen sollen mal machen, die Regisseure können weitere Impulse reingeben. Nur ein Bogen wurde festgelegt, damit die Folge als Konstrukt funktioniert. Am Set würden alle gemeinsam das Drehbuch weiterentwickeln – im Teamwork, erzählt Belton.

Die Besonderheit von Staffel zwei: Es wurde nun etwas mehr geplottet, damit die Takes kürzer ausfallen. „Das ist sonst ein Kampf beim Schneiden“, sagt Belton. „So ist es einfacher“, sagt Belton. Außerdem seien sie in der zweiten Staffel natürlich als Ensemble schon viel eingespielter gewesen, sagt Lange. Ergo: weniger Takes bis zur perfekten Version, straffere Organisation, angenehmere Produktion.

Kelber sagt: „Für Improvisation musst du als Schauspieler besonders intelligent sein. Improvisation ist, wenn man die Szene wieder und wieder abdrehen kann, ohne sich zu langweilen.“ Lange darf das als eine der Hauptdarstellerinnen als Kompliment nehmen. Sie erzählt, sie habe ein Notizbuch am Set, in dem sie sich vor den Takes Begriffe aufschreiben würde. „Am Ende musst du aber doch wieder alles loslassen, was du dir zurechtgelegt hast“, sagt sie.

„Improvisation ist, wenn man die Szene wieder und wieder abdrehen kann, ohne sich zu langweilen“

Carsten Kelber

Lange spielt Pina, die stellvertretende Filialleiterin bei Kolinski. „Ich hatte irgendwann im Postfach eine Mail vom Caster. Ich habe zwei Szenen mit groben Beschreibungen bekommen. Das Konzept hat mich direkt angesprochen. Also habe ich die Videos zu Hause aufgenommen“, sagt sie. Dann kam die Einladung zum Casting. „Bei Klara war es Liebe auf den ersten Blick“, sagt Oskar Belton. Und das beruht wohl auf Gegenseitigkeit. Lange habe nach diesem Casting das erste Mal nicht das Gefühl gehabt, etwas anders oder besser gemacht haben zu müssen, sagt sie.

Klara Lange als Pina. Foto: Bjarne Meisel / Amazon Prime Video

Generell ist durch die Improvisation auch der Schauspielstil ein anderer. Kelber findet das erfrischend, sagt er als jemand, der schon mehrere Jahrzehnte im Filmbusiness aktiv ist: „Der Schauspielstil ist frei von Pathos, lässt mehr offen. Es ist eine andere Taktung.“ Belton sagt, dass man „in unserem Alter keine klassische Exposition erzählen kann“. Die Leute müssten direkt ins Wasser geworfen werden, damit sie dranbleiben.

Profis im Regelbrechen

Die Comedy bekommt hier eine Dynamik, die an die von Instagram und Tiktok erinnert. Angepasst an die Aufmerksamkeitsspanne der Zielgruppe: „Schaut man eine Serie am Laptop, ist man mit nur einem Klick wieder auf einer anderen Plattform“, sagt Belton. „Genau deshalb ist es wichtig, die Pointe schnell zu erzählen.“ Mattis spricht von einer „Unperfektheit, die es in klassischen Dialogen nicht geben darf“.

Da die Wortwahl frei aus den Darstellenden herauskommt, ist sie oft umgangssprachlicher, frecher – und auch fieser. Was sich auch bei den Eltern der Zuschauerschaft herumgesprochen hat. Die schreiben in Rezensionen, dass die Sprache zu derbe wäre. Dabei bekommen sie gerade nur ein Update aus dem Kosmos, in dem sich der Nachwuchs via Tiktok und Co täglich aufhält.

Kelber sagt: „Die Jungs brechen Regeln. Sie ruckeln Erzählkonventionen zurecht. Das ist genau das, was die ganze Branche braucht. Nicht nur, um die jungen Leute zu erreichen.“ Womit er recht hat. Denn „Die Discounter“ ist als Young-Adult-Serie gestartet und konnte unterwegs Menschen jeden Alters erreichen. Für die zweite Staffel hat Amazon deswegen auch das Portemonnaie aufgemacht und eine groß angelegte Out-of-Home-Kampagne spendiert.

„Die Jungs brechen Regeln. Sie ruckeln Erzählkonventionen zurecht. Das ist genau das, was die ganze Branche braucht. Nicht nur, um die jungen Leute zu erreichen“

Carsten Kelber

Während des Gesprächs zeigt Kelber auf seinem Handy eine lange Liste, durch die er scrollt. Es sind allein die Orte in Frankfurt am Main, an denen Werbung für die zweite Staffel plakatiert wird. „Das ist eine sehr teure Werbeform“, sagt Kelber. Er vermutet, die Werbekosten dürften höher als die Produktionskosten der Serie selbst liegen. Im Berliner Bezirk Mitte liegen Flyer mit den Gesichtern der Serie auf der Straße, in bunten Farben mit Sprüchen wie „Gender-Pay-Gap? Nein, hier werden alle gleich schlecht bezahlt“ oder „Für Mindestlohn gibt’s auch nur Mindestmotivation“.

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