Leadership & Karriere Karriere der Zukunft: Selbstdisziplin wird zur wichtigsten Kompetenz

Karriere der Zukunft: Selbstdisziplin wird zur wichtigsten Kompetenz

Derzeit läuft deutschlandweit in den Städten eine große Plakatkampagne, nach der wir „alle Vorbilder“ sind. Gezeigt werden erwartbare Situationen: doofe, rauchende Eltern. Aber auch Jugendliche, die mit Dosenbier vor kleineren Kindern abhängen. Klar: Jede:r ist hier irgendwie in der Verantwortung, sei er in der Selbstwahrnehmung noch so wenig Idol.

Auch in der Arbeitswelt hat man beschlossen, dass das Konzept „Vorbild“ schnell zu Transfer von Wissen und Verhalten führt. Konzerne haben eigene Mentoringprogramme aufgesetzt, um intern für Vernetzung und Weitergabe von Knowledge zu sorgen. Warum nicht direkt von denen lernen, die dieselben Schritte über dieselben Flure und Treppen bereits vor einem gegangen sind?

„Junge Menschen wollen heute unterwegs sein, sie wollen auch mit ihrem Job leben“

Joel Monaco

Die Darmstädter Brüder Emanuele und Joel Monaco haben dazu mit Teech eine Plattform samt Event geschaffen, auf der man sich schon früh für die Arbeitswelt durchinformieren kann – als Schüler:in. Das Highlight dabei sind die Inspiration Days. Die fanden Ende September nun zum dritten Mal statt. 600 Schulen aus dem DACH-Raum sowie einige deutsche Auslandsschulen und rund 100 000 Schüler:innen und Schüler nahmen per Laptop daran teil. Der Zuspruch ist enorm, weil die Inspiration Days Berichte aus erster Hand von Prominenten aus allen denkbaren Branchen vorsehen.

Dieses Jahr erklärte etwa Ralf Dümmel Unternehmertum, Thomas Bachem sprach über seine Code University und digitale Future-Skills. Letztes Jahr diskutierte Green-Investor Nico Rosberg mit Sadhguru. Michael Ballack erzählte, wie sein Karriereweg aussah, Joko Winterscheidt, dass er eine Ausbildung abgebrochen hat und teilweise selber nicht wusste, was er eigentlich wollte. Alles sehr geerdet, ehrlich und schülergerecht. Im Chat kann jede:r Fragen stellen. Tenor: Es gibt keine dummen Fragen. Immer her damit.

Neues Bildungssystem

Joel Monaco sagt, dass es die Abwesenheit von Alternativen in der Pandemie war, die die Brüder dazu brachte, mit Teech ein virtuelles Klassenzimmer zu bauen: „Alle Berufsmessen sind ausgefallen.“ Vorher schon hat ihn geärgert, dass der Bereich Bildung so viele Schwachstellen aufwies. Das Ziel „Hauptsache, irgendwas studieren!“ fanden beide aus der Zeit gefallen. Viel sinnvoller sei es doch, wenn Kinder und Jugendliche mit Expert:innen und Superstars aus speziellen Bereichen ins Gespräch gehen können. Damit dann ein viel tieferes Verständnis und eine größere Überzeugung für eine Entscheidung vorhanden sind. „Wir wollten für Motivation sorgen und der Orientierungslosigkeit entgegentreten“, berichtet Emanuele Monaco. Sein Bruder Joel sagt: „Junge Menschen wollen heute unterwegs sein, sie wollen auch mit ihrem Job leben. Das ist nicht mehr die Elterngeneration, die wartet, dass es 18 Uhr ist und sie nach Hause fahren kann.“

In Teech ist unter anderem der Immobilienentwickler Udo Schloemer investiert, der die Factory Berlin geschaffen hat und dort auch neuen Bildungsideen ein Zuhause gibt. Er sagt: „Als ich die Monaco-Brüder das erste Mal getroffen habe, wusste ich, dass sie mit Teech keine Plattform bauen, um das bestehende, veraltete Bildungssystem zu ergänzen, sondern um es langfristig zu ersetzen.“ Schloemer sagt auch, dass die Vision, „aus Mentoren und Schülern ein Netzwerk zu bauen, eine der besten Ideen ist, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe“. Die Factory Berlin ist daher auch enger Partner von Teech.

Wichtiges Must-Have: Vorbilder

Sich Vorbilder zu suchen ist eigentlich nur der erste Schritt in einem Bewusstsein, das jeder Mensch entwickeln muss: dass dem Erfolg Eigenverantwortung vorausgeht. Zukunftsforscherin Aileen Moeck etwa spricht von Selbstdisziplin als der wichtigsten Tugend für die kommenden Jahre. Ist nicht ganz von der Hand zu weisen: Die Welt dreht sich schneller, neues Wissen und neue Skills wollen beherrscht werden. Die sich draufzupacken wird für alle eine große Aufgabe. Niemand nimmt sie einem ab. Wer in der Lage ist, Wissen aus Vorbildern zu ziehen und sich inspirieren zu lassen, findet einen Weg, an den auch der Fortbildungskurs führt – der aber wohl langsamer ist.

Emanuele Monaco sagt, dass man über Vorbilder zudem eine sehr viel komplexere Vorstellung von einem Karriereziel erhält. Man würde nicht bloß eine Idee von der täglichen Arbeit bekommen. „Sondern davon, was einen Mensch in so einer Position eigentlich umtreibt.“ Sprich: Wer sich von Tim Raue erzählen lässt, wie er sich hochgeboxt hat und nun Beruf und Privatleben irgendwie miteinander verknüpft, hat eine ganz andere Vorstellung davon, was es bedeutet, Koch zu sein. Mitreißender ist es ohnehin. „Der junge Mensch wird dann sagen: Ich möchte auch so ein erfülltes Leben führen, das mir Herausforderungen und Glück beschert“, so Monaco. Die Brüder sprechen von einer nachhaltigen und langfristigen Verankerung von Karrierebildern und -zielen im Wesen von jungen Menschen.

Auf den Alltag kommt es an

Die Inspiration Days wirken übrigens in beide Richtungen. So begleitet Schriftsteller Benedict Wells nun als Mentor den ehrgeizigen Nachwuchs in einem Creative-Writing-Circle über die Plattform von Teech. Das ganze immer nachmittags, nach Unterrichtsschluss. Und noch jemand hat verstanden, dass man über das Vorbildprojekt die junge Zielgruppe erreicht: die Corporates.

Als Partner:innen sind unter anderem Accenture, Ströer und Charité Berlin am Start, außerdem die DM Drogeriekette. Auch die sind mit eigenen Talks am Programm der Inspiration Days beteiligt. Dabei haben die Gründer alle Augen darauf, dass die Präsentation zielgruppengerecht ist. Wie beispielsweise das duale Studium nun genau aufgebaut ist, kann man dabei dann gerne vernachlässigen. „Wir sagen denen, dass die vom Alltag erzählen sollen: Was macht eigentlich ein Berater? Das weiß doch keiner so richtig, schon gar kein Kind“, sagt Monaco. „Und was motiviert die Leute in den Berufen, wo kann man sich wiedererkennen? Es geht hier um Identifikation.“

Am Ende, sagt Joel Monaco, sei es ganz einfach. Er gibt allen Expert:innen denselben Satz mit: „Sei der Mentor, den du dir früher gewünscht hättest.“



Dieser Text stammt aus unserer Ausgabe 5/22. Wir haben 7 Hot Takes zur Karriere von morgen, die euch Feuer geben, ohne dass der Burnout droht. Außerdem: iPod-Macher Tony Fadell über Parties mit Steve Jobs, ferngesteuerte Spermien, Lush-Seifenoper mit Gründer Mark Constantine. Hier geht es zur Bestellung – oder ihr schaut am Kiosk eures Vertrauens vorbei.

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