Life & Style Hinge: Diese Dating-App möchte, dass du sie schnell wieder löschst

Hinge: Diese Dating-App möchte, dass du sie schnell wieder löschst

Tinder, Bumble, Ok Cupid: Dating-Apps gibt es viele. Aber eine, die sich wünscht, schnell wieder vom Smartphone gelöscht zu werden, das klingt untypisch. Ist aber genau das, womit Hinge wirbt. „Wir richten uns an Menschen, die wirklich die eine Person in ihrem Leben finden wollen und die App dann entfernen”, sagt Justin McLeod, Gründer von Hinge. Heißt: ewig Daten, immer auf der Suche nach einem noch besseren Fit – das soll vermieden werden. 

Doch wie kommt McLeod auf die Idee, mit so einer Motivation auf den Markt zu gehen? Für gewöhnlich tun Unternehmen alles, damit Nutzer:innen möglichst lange auf ihrer Plattform bleiben. Nun, McLeod glaubt eben an die große Liebe. Klingt romantisch, ist es auch. Und Romantik ist nicht gerade das, was man sofort mit Dating-Apps assoziiert. Trifft es in diesem Fall aber ganz gut, denn die Gründungsmotivation von McLeod liest sich wie ein Liebesfilm – und Fun Fact: Seine Geschichte war Inspiration für die Amazon-Serie „Modern Love“. 

Von Copycat zu USP

McLeod hat die App aus eigenem Interesse entwickelt. Er war frisch getrennt, auf der Suche nach einer Beziehung, unzufrieden mit den Dating-Plattformen, die es 2011 gab. Also machte er sich selbst an die Arbeit. „Als ich mit Hinge angefangen habe, habe ich wirklich geglaubt, dass man einfach nur genug Leute kennenlernen muss, um die Person fürs Leben zu finden und dass dann die Beziehung perfekt ist”, sagt McLeod. Er wollte eine Freundin und endete als Gründer eines Millionenunternehmens. 

„Wir verlieren ungefähr 20 Prozent der Nutzer:innen im Anmeldeprozess“

Justin McLeod

Ein Jahr nach der Gründung von Hinge kam Tinder auf den Markt und mit Tinder die Swipe-Kultur. „Wir haben dann versucht, mit den Swipe-Apps mitzuhalten“, sagt McLeod. „Wir haben ihre Funktionen kopiert und wurden ziemlich genau wie jede andere App. Wir waren besessen von Engagement und Wachstumsmetriken, die für Risikokapitalgeber wichtig sind.” 

Als McLeod jedoch seine College-Liebe wiederfand, merkte der Gründer, dass man sich in einer Beziehung durch schwierige Phasen durcharbeiten muss. Diese Erkenntnis löste einen Pivot bei Hinge aus. Alles neu. Alles auf Anfang. Rückbesinnung zum Fokus auf Hinge, the one and only zu finden. Schluss mit Gamification. Schluss damit, Erfolg in Engagement zu messen. 

So sieht das Design aus. ©Hinge

Dementsprechend ist die App aufgebaut. Meldet man sich an, muss man einen Haufen Fragen beantworten: von der sexuellen Orientierung bis hin zu Interessen. Und das dauert. „Wir verlieren ungefähr 20 Prozent der Nutzer:innen im Anmeldeprozess“, sagt McLeod. „Das ist gut. Dann fallen jene, die es nicht ernst meinen, aus der App raus.“ Außerdem muss man sechs Fotos von sich hochladen. Sprachnachrichten und Videos sind optional, vermitteln aber nochmal einen genaueren Eindruck. Eine gute Sache, kann es dazu beitragen, dass man sich sicherer fühlt, wenn man auf das Date geht, hat man die Stimme schon mal gehört. 

„Unser Ziel ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein erstes Date eine positive Erfahrung ist, bei 95 Prozent liegt“

Justin McLeod

Und wie kommt man ohne Swipen ins Gespräch? Man muss etwas auf dem Profil der Person aussuchen und das liken, dann kann man einen Kommentar hinzufügen und hat gleichzeitig einen Conversation-Starter. „Dadurch werden die Menschen wählerischer und liken nicht alles und jeden“, sagt McLeod. Und so lernt auch der Algorithmus der App. „Wir müssen sehr genau damit sein, wen wir wem vorschlagen”, sagt McLeod. Außerdem fragt die App nach dem Austausch von Kontaktinformationen nach, wie das Date war und ob man sich nochmal treffen würde. „Unser Ziel ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein erstes Date eine positive Erfahrung ist, bei 95 Prozent liegt.” 

Gründer Justin McLeod. ©Hinge

Menschen seien müde, etliche Dates zu haben, die sich als Zeitverschwendung herausstellen, da man in den ersten Sekunden direkt merkt, ob jemand einem im Real Life sympathisch scheint oder nicht. Hört man Stimme vorab und sieht die Person in einem Video etwas, kann man da schon eine erste Einschätzung vernehmen und erspart sich gegebenenfalls Horror-Dates. Klingt lukrativ. 

Markteintritt Deutschland

All das minimiert auch das Risiko von Fake-Profilen auf der Dating-App. Die App gibt es in einer kostenlosen Basis-Version oder als kostenpflichtiges Premium-Angebot. Damit verdient das Unternehmen Geld.

Deutschland ist der erste nicht-englischsprachige Markt, auf dem Hinge jetzt verfügbar ist. Die App wurde dafür auch extra übersetzt. Der Markteintritt hierzulande ist für McLeod auch gleichzeitig ein Test, welche Chancen Hinge im europäischen Raum hat. Singles gibt es hierzulande genug, laut Statista fast 23 Mio. UK ist bislang der erfolgreichste Markt. McLeod ist sich sicher, mit Hinge die Nummer eins der Dating-Apps zu werden.

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