Leadership & Karriere Becoming CEO – unsere Kolumnistin über Entlassungen und Empathie

Becoming CEO – unsere Kolumnistin über Entlassungen und Empathie

Unsere Kolumnistin Kristina Walcker-Mayer über den wohl härtesten Schritt: Menschen mitteilen zu müssen, dass sie entlassen werden. Wie schafft man das?

Unternehmensführung wird in der aktuellen Marktsituation schnell mal zum Krisenmanagement: Im Folgenden teile ich die wichtigsten Learnings aus einer der härtesten Entscheidungen meines bisherigen CEO-Life.

Schon vor Monaten hatte ich erkannt, dass alle unsere Mitarbeitenden verstehen müssen, wie der Krieg in der Ukraine, der die Inflation weiter vorantreibt, steigende Zinsen am Kapitalmarkt und eine Abkühlung am VC-Markt unser Unternehmen beeinflussen und was das für jeden Einzelnen konkret bedeutet.

Das habe ich regelmäßig mit dem ganzen Team diskutiert, denn nur mit einem realistischen Bild der Lage können alle Ideen einbringen und Themen richtig priorisieren. Vor allem können sie so für sich selbst entscheiden, welches Level an Startup-Risiko sie persönlich mittragen wollen. Bad News zurückzuhalten und Mitarbeitende so zum Bleiben zu überreden, obwohl sie sich in einem volatilen Umfeld nicht mehr wohlfühlen, bringt niemanden weiter. In Krisenzeiten braucht es ein resilientes Team, das sich bewusst dazu entschieden hat, das Unternehmen durch die Krise zu bringen.

Wir waren 2022 mit einem aggressiven Wachstumsplan gestartet. Durch die Veränderungen im Markt waren wir jedoch dazu gezwungen, unsere Strategie in Richtung Profitabilität zu shiften und somit unser Team-Set-up anzupassen. Eine harte, aber notwendige Entscheidung, um weiterhin am Markt bestehen zu können. Wie setze ich das nun am besten um? Ich rief Freund:innen an, die bereits von einem Lay-off betroffen waren, und fragte, was sie sich damals gewünscht hätten. Was kann ich als CEO bei meinem Team besser machen? Die meisten von ihnen konnten ihre Entlassung selbst damals sogar nachvollziehen, vermissten aber Empathie und Menschlichkeit in der Umsetzung und Kommunikation.

No bullshit, just the truth“

Mir war es sehr wichtig, den betroffenen Mitarbeitenden in meinem Team die größtmögliche Unterstützung anzubieten und dabei immer transparent und ehrlich zu bleiben. No bullshit, just the truth war deshalb auch hier unser Credo. Und: Wir haben unser Middle Management ganz eng mit eingebunden, denn schließlich kennen sie ihre Teams und Mitarbeitenden am besten. So konnten wir allen Betroffenen, so gut es ging, auf Augenhöhe und mit möglichst viel Respekt und Empathie begegnen.

Ein wertvolles Learning war außerdem, durch Krisen nicht alleine gehen zu müssen. Hilfe kam von meinem Netzwerk aus Foundern und CEOs auf unterschiedlichem Erfahrungslevel. Ich war überwältigt, wie viele sich von selbst bei mir meldeten, um Sparring anzubieten. Erfahrungen schlagen jeden Businessratgeber. In der Kommunikation mit Investoren habe ich dabei auch gelernt, die eigenen Bedürfnisse möglichst direkt und konkret zu formulieren.

In Krisenzeiten ist es wichtig, auf seine eigene Energie zu achten und sich um sich selbst zu kümmern. Als Leader sollte man nie vergessen, dass eigene Stimmung und Energielevel auch die Stimmung und Energie des Unternehmens bestimmen. Je mehr ich arbeite, desto mehr Wert kann ich für mein Unternehmen stiften dachte ich früher.

Shiva-Energie für Innovation

Heute weiß ich, wie wichtig es ist, auf mein Energielevel zu achten, um es an die Company zurückzugeben. Was das für den Einzelnen bedeutet, ist sehr individuell. Für mich heißt es, auch mal eine Konferenz oder einen Businesstrip abzusagen, um mir stattdessen bei einem Yoga-Retreat Energie zurückzuholen. Ein Wochenende in der Natur wirkt bei mir ebenso Wunder und hilft mir dabei, neuen Herausforderungen am Montag mit frischem Kopf zu begegnen.

Wie Winston Churchill schon sagte: Never let a good crisis go to waste. Wenn wir uns trauen, die Möglichkeiten der Krise anzuerkennen, kann uns das stärker und besser machen. Im Yoga-Retreat nennt man das die Shiva-Energie, durch die Neues erschaffen werden kann. In diesem Sinne: Namasté und bis zum nächsten Mal.

Dieser Text stammt aus unserer Ausgabe 4/22. Gregor Gysi, Claudia Obert und die Tiktokker Elevator Boys haben mit uns über Geld gesprochen. Außerdem haben wir Streetwear-Legende Karl Kani getroffen und unseren Reporter Dolce Vita auf der Modemesse Pitti Immagine Uomo genießen lassen. Hier geht es zur Bestellung – oder ihr schaut am Kiosk eures Vertrauens vorbei.

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