Personal Finance „Coinbase ist das neue Goldman Sachs“: Techjournalist Jeff John Roberts im Interview

„Coinbase ist das neue Goldman Sachs“: Techjournalist Jeff John Roberts im Interview

Vor zehn Jahren nahm Coinbase dem Kauf von Bitcoin und Co. die Hürden. Techjournalist Jeff John Roberts hat die Firma von Anfang an begleitet – und ein bemerkenswert kritisches Buch geschrieben:

Herr Roberts, am Anfang Ihres Buches beschreiben Sie Ihre erste Begegnung mit der Idee und dem ganzen Ökosystem von Bitcoin. War Ihnen sofort klar, wie mächtig Coinbase einmal werden würde?

Nicht wirklich. Ich meine, ich wünschte, ich könnte sagen, ich hätte es von Anfang an gesehen – aber nein, das habe ich nicht. Ich war damals Techreporter in New York City und habe über alle Arten von Startups in Nordkalifornien, aber auch in New York berichtet. Ich hörte eine Zeit lang von Bitcoin, und schließlich gab es eine Veranstaltung in New York, zu der man gehen konnte, ein Bitcoin-Treffen namens Satoshi Square. Und ich dachte mir: Ich werde mir tatsächlich einen Bitcoin zulegen! Ich dachte, es wäre eine Art Straßenfest mit Leuten, die T-Shirts oder so etwas verkaufen.

Wie war es wirklich?

Es war eine seltsame Mischung von Leuten, denn New York ist New York. Aber die Wall Street war nicht allzu weit entfernt, und da waren diese Typen in 5 000-Dollar-Anzügen und gleichzeitig diese ganzen Krypto-Anarchisten. Sehr seltsam. Außerdem hatte ich nicht die technische Raffinesse, um Bitcoin zu bekommen, denn damals gab es nur Umwege – man hat irgendwo Bargeld überwiesen und gehofft, dass der Bitcoin dann auch im eigenen Wallet ankommt. Ich dachte damals: Nee, das mache ich mal nicht. Und dann kam Coinbase – und alles wurde viel einfacher. Plötzlich war Kryptowährungen zu kaufen so einfach wie Onlinebanking.

Wenn Sie sich die Entwicklung von Coinbase anschauen: Welche Faktoren waren für den Erfolg entscheidend?

Das Wichtigste war das Timing. Oft kommt eine neue Technologie ja zu früh raus – aber es ist eben extrem wichtig, dass es eine Nachfrage gibt. Genau wie bei Uber: Es gab schon vorher Fahrdienstleister, aber sie waren zu früh. Ein weiterer wichtiger Faktor war das vereinfachte Produktdesign. Und: die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden.

Warum das?

Die frühe Bitcoin-Szene war so ideologisch, und viele Kriminelle nutzten Bitcoin! Es war damals radikal, in dieser Frage einen anderen Weg einzuschlagen, eben nicht konfrontativ zu sein und mit den Regulierungsbehörden zusammenzuarbeiten und sie zu überzeugen. Aber Coinbase war klug beraten, genau das zu tun. Und der letzte wichtige Faktor ist die Magie des Silicon Valley. Im Guten wie im Schlechten hat die Unterstützung durch Andreessen Horowitz geholfen, ein Kryptomonster zu schaffen.

Die legendäre Venturecapital-Firma von Marc Andreessen?

Brian und Fred waren gerade Mitte 20, als sie Coinbase gründeten. Aber Marc Andreessen als Coach zu haben, der schon Mark Zuckerberg gecoacht hatte, überhaupt dieses Netzwerk und dieses Kapital waren ein wichtiger Faktor. Drei Dinge waren entscheidend: das richtige Produkt, die Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden – und dann einfach die richtigen Freunde im Silicon Valley zu haben.

Wenn man Ihr Buch liest, bekommt man den Eindruck: Coinbase ist für die Bitcoin-Bewegung, was Blink 182 für Punk war: die Spaßversion ohne die Politik. Würden Sie sagen, dass Brian Armstrong sich bewusst war, was die Einführung von Coinbase mit der gesamten Bitcoin-Bewegung macht?

Ich denke, schon, ja. Armstrong ist ein Pragmatiker. Man kann, je nach Perspektive, auch den größten Verräter sehen, den Mann, der Bitcoin verraten hat – und es gibt tatsächlich Leute, die das denken. Aber viele andere sind pragmatischer. Trotzdem ist es lustig zu beobachten, wie Armstrong sich in einen weiteren Silicon-Valley-CEO verwandelt, der ein Haus für 100 Mio. Dollar kauft und mit Hollywood-Leuten abhängen will. Coinbase schaltet jetzt TV-Werbung, aber Armstrong schreibt immer noch seine superwichtigen Blogposts über Freiheit und Unabhängigkeit.

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