Innovation & Future Wie das Startup Advocado Rechtsberatung digitalisieren will

Wie das Startup Advocado Rechtsberatung digitalisieren will

Beim Wort Rechtsberatung bekommen viele Menschen Magenschmerzen. Wo kann man sich ersten Input holen? Wie kommt man an gute Anwält:innen? Was kostet das alles? Fragen über Fragen und Paragraphen über Paragraphen. Rechtsberatung ist ziemlich eingestaubt. Nichts, mit dem man sich gerne beschäftigen möchte.

Das Startup Advocado will den Markt digitalisieren und verspricht innerhalb von zwei Stunden passende Hilfe durch Anwält:innen zu bekommen. Man muss nur die Situation schildern, das Match übernimmt der Algorithmus. So bisschen wie bei Tinder. Wir haben mit CEO Andreas Schröteler gesprochen.

Was ist das Problem an der heutigen Rechtsberatung?

Ich würde nicht von einem Problem sprechen, sondern von den Möglichkeiten, die gerade im digitalen Bereich vorhanden sind und die zu wenig genutzt werden. Es gibt sehr viele neue Tools im Legal-Tech-Umfeld, die die Organisation und das Tagesgeschäft einer Kanzlei erheblich erleichtern. Leider scheuen sich nicht wenige noch davor, diese Tools auch zu implementieren, obwohl dadurch auch neue Berufe, wie der des „Legal-Engineers“ entstehen.

Das sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die als Schnittstelle zwischen juristischer Arbeit und Informatik fungieren und sich mit der Standardisierung und Automatisierung von juristischen Tätigkeiten beschäftigen. Eine Arbeit, die die Fallabwicklung für Anwälte und Anwältinnen und deren Mandantschaft deutlich beschleunigen kann. Die Branche ist definitiv im Umbruch und es wird Zeit, dass sie sich an die Geschwindigkeit der heutigen digitalen Welt anpasst. 

Wieso eine Digitalisierung?

Digitalisierung ist der Business-Treiber in nahezu allen Lebensbereichen und Branchen. Warum also nicht auch in der Rechtsberatung? Leider sehen viele Juristen und Juristinnen noch immer keine Notwendigkeit, den Anwaltsberuf in Richtung Digitalisierung weiterzuentwickeln; oftmals auch aus einer Art Unsicherheit heraus. Darüber hinaus ist es berufsrechtlich meist sehr schwierig, bestehende Muster aufzubrechen. Wir bemerken aber verstärkt, dass sowohl der Markt als auch die Juristen und Juristinnen und die Mandantschaft sich verändern.

Heute sind wir daran gewöhnt, schnell und digital an Produkte und Dienstleistungen heranzukommen – angefangen bei der Bestellung von Arzneimitteln bis hin zum Abschluss von Versicherungen. Warum sollte man nicht auch eine Rechtsberatung digital anfordern? Dafür kämpfen wir jetzt seit einigen Jahren unter anderem gemeinsam mit dem Legal-Tech-Verband, damit sich die Rechtsbranche weiterentwickelt und aktuelle Trends besser adaptiert. 

Wie ermöglicht ihr den Zugang für alle?

Advocado funktioniert als One-Stop-Plattform. Rechtsuchende geben bei uns auf der Plattform ihre Anliegen ein und werden über unseren eigens entwickelten, daten-basierten und selbstlernenden Matching-Algorithmus mit dem passenden Anwalt oder der passenden Anwältin verbunden. Danach folgt ein kostenloses Telefonat, bei dem der Anwalt oder die Anwältin den Fall mit den Rechtsuchenden bespricht und mögliche Lösungen und anfallende Kosten erläutert. Das erfolgt in der Regel innerhalb von zwei Stunden.

Wenn sich Rechtsuchende dann entschließen, den Fall anzugehen, können sie den jeweiligen Anwalt oder die jeweilige Anwältin über die Plattform damit beauftragen. Aber nicht nur die Kontaktaufnahme, sondern auch die gesamte Kommunikation per Video-Chat, der Dokumentenaustausch und die Zahlungsabwicklung finden einfach, schnell und sicher digital statt.

Bei Fragen und Problemen steht zusätzlich unser Service-Team zur Verfügung. So ermöglichen wir eine orts- und zeitunabhängige Rechtsberatung durch unsere Partner-Anwälte und Partner-Anwältinnen. Es ist doch so: Die Themen Anwalt und Rechtsfälle sind für viele erst einmal Neuland oder sie scheuen sich vor dem Gang in eine Kanzlei. Wenn es mal so weit ist, dass Menschen zum ersten Mal einen Anwalt oder eine Anwältin brauchen, wissen sie gar nicht, an wen sie sich wenden sollen. Dazu kommt die Sorge vor hohen Anwalts- und Prozesskosten oder den falschen Anwalt für seinen Fall zu wählen. Wir wollen ihnen diese Hürden nehmen und damit allen zu ihrem Recht verhelfen.

Welche Hürden zeigen sich für euch, eine relativ eingestaubte Branche zu digitalisieren?

Generell tut sich die Rechtsbranche oftmals noch schwer mit Veränderungen. Das liegt auch daran, dass der Markt stark reguliert ist. In der traditionellen Anwaltschaft herrscht immer noch die Angst, dass Legal-Tech-Anbieter ihnen eventuell die Mandantschaft und Fälle wegnehmen. Dabei könnten beide Seiten voneinander profitieren. Seit dem 1. Oktober diesen Jahres ist das sogenannte „Legal-Tech-Gesetz“ in Kraft getreten. Offizieller Name: Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt.

Dieses Gesetz ist ein erster wichtiger Schritt, denn es ist an der Zeit, dass sich die Regularien an die aktuellen Entwicklungen und Bedürfnisse der Rechtsuchenden anpassen. Das „Legal-Tech-Gesetz“ erlaubt Anwälten und Anwältinnen unter anderem, Inkassodienste oder Erfolgshonorare anzubieten. Im außergerichtlichen Verfahren können diese ohne Begrenzung, im gerichtlichen Verfahren bis zu einem Wert von € 2.000 erhoben werden.

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