Leadership & Karriere Staubsaugervertreter über das Verkaufen: „Bin ich ihm ein Päckchen Filtertüten wert?“

Staubsaugervertreter über das Verkaufen: „Bin ich ihm ein Päckchen Filtertüten wert?“

Spüren Sie die Überzeugtheit?

Ja. Wenn die Frage kommt: „Was kostet das denn eigentlich?“

Ist das beste Argument am Ende die persönliche Zuwendung?

Kleine Anekdote: Da war zum Beispiel der eine Kunde, dem ich eigentlich nur ein neues Kabel für den Sauger liefern wollte. Dann habe ich aber noch einen Akku-Saugwischer zum Vorführen mitgebracht. Eine halbe Stunde führe ich den vor. Wünsche einen schönen Tag und gehe nach Hause. Dann sagt mir meine Frau: „Der Kunde hat angerufen.“ Ich war selber erstaunt, wie schnell das ging.

Oder als mich Kunden vor Weihnachten anriefen, um Filtertüten zu bestellen. „Sie müssen dringend kommen, wir kriegen Besuch“, hieß es. Der Service ist für mich selbstverständlich, da bin ich hingefahren und habe die mitgebracht, ein Päckchen Filtertüten für 19 Euro. Dann sagt der Kunde: „Alles klar, jetzt holen Sie bitte Ihre Mappe.“ Dann haben die für jedes ihrer Kinder einen Staubsauger bestellt.

Die Fahrt hat sich aber gelohnt!

Manchmal wollen die Kunden einen eben testen. Bin ich ihm jetzt ein Päckchen Filtertüten wert? Die Kunden müssen merken: Der kommt auch mal einfach so vorbei. Und das belohnen die Leute dann auch. Persönliche Kontakte zu pflegen ist das Wichtigste.

Eine Kollegin von Ihnen geht sogar mit den Kunden auf den Weihnachtsmarkt. Sie auch?

Nein, da bin ich dann doch auch Privatmann. Aber wenn ich sehe, dass jemand am nächsten Tag 70. Geburtstag hat, dann komme ich zum Gratulieren vorbei.

Machen Sie Werbung?

Wenn ich Flyer verteile, habe ich einen guten Rücklauf, oder ein Promotion-Stand bei Stadtfesten. Da muss ich präsent sein. Damit die Leute wissen, das ist der Mann von Vorwerk. Wie damals in der Allianz-Werbung: „Hallo, Herr Kaiser!“

Viele Menschen denken beim Vertreter nicht an Herrn Kaiser, sondern an Loriots legendären Sketch. Können Sie darüber lachen?

Diese Witze höre ich immer wieder. Ich finde es in Ordnung. Man muss ja sagen: Den Witz hat noch niemand getoppt.

Eine Kollegin von Ihnen sagte in einem dpa-Interview, dass man als Vorwerk-Vertreterin das Versprechen von Sauberkeit verkauft.

Es ist ja nicht nur ein Versprechen – es fängt schon damit an, dass man sich perfekt präsentiert. Wenn ich vor der Tür stehe, dann muss alles passen. Bis hin zum Vorwerk-Logo auf dem Polohemd. Was kommt zurück? Ich habe wirklich Kunden, die mir Kaffee und Kuchen hinstellen. Das ist eine Wertschätzung, die ich toll finde. Die sagen sich, da kommt unser Berater, wir wollen mit ihm einfach mal Zeit verbringen.

Das Tolle am Beruf ist die Freiheit. Ich kann mir die Zeit selbst einteilen, konnte z. B. bei der Einschulung von meinen Jungs dabei sein. Kann im Sommer mal über Mittag ins Schwimmbad. Trotzdem: Auch unser Tag hat acht Stunden. Wer sich denkt, einen Termin am Mittag machen und dann ist Feierabend, der irrt sich.

Wie viel verdienen Sie an einem Verkauf?

Wie viel Provision fließt, ist Betriebsgeheimnis. Darauf aufbauend bietet Vorwerk ein Bonussystem und Zulagen für Rente und Krankenkasse. Als Selbstständiger müssen Sie die selbst zahlen.

2011 hieß es in einem dpa-Bericht, die Spitzenleute bei Vorwerk verdienten 6 000 Euro brutto im Monat. Sie auch?

Als Bäcker hatte ich früher 2 000 Mark brutto. Mit dem Einstieg bei Vorwerk habe ich zu Beginn das Doppelte verdient. Nach oben gibt es fast keine Grenze – nur die eigene Leistungsfähigkeit. Ich bin heute sehr zufrieden, habe ein Haus, kann meine Familie ernähren. Aber ich könnte auch mehr machen.

Eine Ihrer Kolleginnen sagte der „Süddeutschen Zeitung“, dass ihr wichtigstes Utensil das Tablet sei.

Das ist für mich nicht lebensnotwendig. Ich brauche nur das Gerät zum Vorführen. Und ich muss die Leute begeistern. Damit der Kunde weiß, dass er im Alltag mit dem Produkt eine Erleichterung hat. Trotzdem gilt der Onlinehandel nach wie vor als die Zukunft.

Wie geht es mit dem Beruf des Staubsaugervertreters weiter?

Nach meiner Beobachtung wird der Markt immer größer, und der Bedarf an Beratung nimmt stetig zu. Jetzt komme ich wieder häufiger zu den Leuten nach Hause. Ich merke, dass die richtig darauf gewartet haben.

Im Dossier der vierten Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema Sales & Retail. Mit Blick auf unsere Titelgeschichte sei gesagt: Wir brauchen eine OnlyFans-Strategie! Außerdem ist es eine sehr musik- und kunstlastige Ausgabe geworden: Drangsal, Kool Savas, Ju Schnee, Simon Lohmeyer, Rapperin Little Simz – alle dabei. Dies und noch viel, viel mehr gibt es am Kiosk eures Vertrauens – oder wie immer hier im Aboshop.

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