Productivity & New Work So geht Meditation im Office: „Unser Geist ist ein Werkzeug“

So geht Meditation im Office: „Unser Geist ist ein Werkzeug“

Ich bin zu ungeduldig, warte auf einen Effekt und setze mich selbst unter Druck. Entspannungsstress, das ist wirklich Next Level. Dann aber erinnere ich mich an Beers Worte: Meditation bedeutet, sich einfach so sein zu lassen. Kein Druck, keine Erwartung, keine Optimierung. Und das hilft mir. Plötzlich ist er wieder da, der Urlaub fürs Gehirn.

Wissenschaft statt Eso

Stress ist nicht bloß mein subjektives Problem. Wenn er eine ansteckende Krankheit wäre, dann müsste man von einer Pandemie sprechen. Wissenschaftler von der Universität Illinois haben sogar ermittelt, dass Stress unsere Persönlichkeit verändert. Jarvis Smallfield und Donald H. Kluemper sehen einen Zusammenhang von Stress und dem Persönlichkeitsmerkmal des Neurotizismus. Ein Teufelskreis: Denn neurotische Menschen können sich auch schlechter gegen Stress wehren. Nicht nur Lifestyle-Optimierer, auch die Wissenschaft spornt zum Vorbeugen an.

Denn wem die Versprechen zu oft ins Esoterische kippen, kann sich damit trösten, dass sich seit vielen Jahren auch die empirischen Wissenschaften mit Meditation beschäftigen. Positive Wirkungen für Menschen mit Depressionen, chronischem Schmerz oder Angsterkrankungen sind vielfach belegt. Psychologe und Neurowissenschaftler Ulrich Ott hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit wissenschaftlichen Studien zu erklären, warum Meditation wirkt.

In seinem Buch „Meditation für Skeptiker“ zitiert der Psychologieprofessor von der Uni Gießen zum Beispiel eine wissenschaftliche Befragung von 40 Meditationslehrern. Es gibt ihnen zufolge so etwas wie fünf Stufen, die man mit den Übungen erreichen kann. Schon Stufe zwei hört sich nach genau dem an, was ich haben will: „Wohlbefinden, ruhige Atmung, wachsende Geduld“ soll sie bringen. Aber es geht noch viel weiter. Stufe fünf verspricht „Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit“, ja sogar „Transzendenz von Subjekt und Objekt“.

Groß angelegte Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Lockdown zwar Angst und Depression befördert, Stress aber immerhin nicht. Das mit der Meditation ist im Homeoffice schließlich auch leichter umsetzbar als im Office.

Dass sich heute so viele Menschen die Möglichkeit wünschen, abzuschalten, hat auch mit Reizüberflutung zu tun. Selbst Beer, mit Mitte 30 noch lange kein Dino, erinnert sich, dass es in seiner Kindheit noch viel weniger Reizüberflutung gab: „Als ich vier, fünf Jahre alt war, habe ich immer meinen Opa beobachtet. Wie er sich nach Feierabend ein Bier und eine Zigarre genommen hat.“ Beer wuchs in einem bayrischen Dorf auf, hinter dem Haus lag ein großes Feld mit einer Eiche.

„Auf die Bank darunter hat er sich immer gesetzt. Es sah ein bisschen aus wie der Windows-Hintergrund mit dem Grasland. Er setzt sich einfach auf die Bank, nippt an seinem Bier und schaut, wie die Sonne untergeht. Im Grunde eine Form von Meditation.“

Wenn bayrische Großväter als Meditationsvorbilder dienen, lassen sich vielleicht auch die härtesten Kritikerinnen überzeugen, dass Meditation kein New-Age-Hokuspokus ist. Sondern das kühle Feierabendbier, das man immer im Kopf dabeihat.

Im Dossier der vierten Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema Sales & Retail. Mit Blick auf unsere Titelgeschichte sei gesagt: Wir brauchen eine OnlyFans-Strategie! Außerdem ist es eine sehr musik- und kunstlastige Ausgabe geworden: Drangsal, Kool Savas, Ju Schnee, Simon Lohmeyer, Rapperin Little Simz – alle dabei. Dies und noch viel, viel mehr gibt es am Kiosk eures Vertrauens – oder wie immer hier im Aboshop.

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