Leadership & Karriere Jan Frodeno: „Ich hatte nie das Verlangen nach Absicherung“

Jan Frodeno: „Ich hatte nie das Verlangen nach Absicherung“

Mit 19, 20 Jahren ist man oft noch finanziell von den Eltern abhängig. Wie ist es bei dir gewesen? Hast du nebenbei noch gearbeitet am Anfang oder kann man sofort von dem Triathlon auf Profiebene leben?

Der Anfang war schon extrem hart. Mein Vater hat damals sein Rennrad verkauft, damit ich mir ein Flugticket aus Kapstadt nach Deutschland kaufen konnte. Da hatte ich das große Glück in einen Bundesligaverein zu kommen. Im Bundesliga-Triathlon starten 100 Leute und die haben für jeden, den man hinter sich lässt, fünf Euro ausgezahlt. Das heißt, du konntest maximal 500 Euro gewinnen.

Das war mein erstes Preisgeld beziehungsweise im ersten Jahr meine Löhne. Ich war anfangs auch zwei Jahre nicht krankenversichert und bin etwas planlos durchs Leben gesteuert. Es war mir aber relativ egal. Ich habe im Internat gewohnt oder geguckt, wo ich unterkomme. Eine ganze Phase lang habe ich mich einfach nur von günstiger Nahrung ernährt. Ich hatte nie das Verlangen nach Absicherung.

Eigentlich denkt man, gesunde Ernährung ist das A&O bei Profisportler:innen. War das damals noch nicht der Fall?

Haferflocken sind grundsätzlich nicht schlecht, die kosteten damals in der 500-Gramm-Packung 19 Cent im Aldi. Das sind eben pure Kohlenhydrate, damit vergiftest du dich ja nicht. Es ist natürlich nicht gerade ausgewogen. Lustigerweise war es dann immer so, dass ich mich schwer zurückhalten konnte, wenn es bei den Rennen ein Buffet gab. Einfach weil der Körper eine Überlebenshaltung kriegt und sagt: jetzt schnell noch ein paar Kalorien rein.

Den Tick habe ich bis heute noch. Das war die schönste Phase meines Lebens, die ich niemals wiederholen möchte. Einfach weil sie mir vor Augen geführt hat, wie sehr ich das will, was ich hier gerade mache. Und was ich für einen Tunnelblick habe.

Wie bleibt man dann am Ball und verliert seinen Tunnelblick nicht?

Gerade eben durch so eine Phase. Der Hustle war eigentlich schon immer mein Ding. In Südafrika ist die ganze Kultur auch ein bisschen anders. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, muss sein eigenes Ding machen und sollte nichts erwarten. Dementsprechend ist das auch Teil meiner Herkunft.

Andererseits gab es halt immer wieder Events in meinem Leben, die mir vor Augen geführt haben, dass das, was ich mache, ein Privileg ist. Sei das Verletzungen oder einfach Rückschläge, die immer wieder diesen Hunger in mir geweckt haben.

Rückschläge waren für dich also Motivation und Grund noch einmal einen drauf zu legen?

Ja, es hat sich immer so ergeben. Gerade auch später in meiner Karriere gab es oftmals Momente, die mir gezeigt haben, dass am Wettkampfrand stehen zu müssen, nach wie vor richtig weh tut. Dementsprechend ist für mich ganz eindeutig, dass es härter ist, keinen Sport zu machen, als dass ich mich ins Fitness quälen müsste. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die sich eher pushen müssen, um Sport zu machen.

Gibt es Momente, in denen das auch bei dir nicht so einfach funktioniert?

Andauernd gibt es Momente, in denen es nicht funktioniert. Ich habe gerade momentan im Training so eine Phase, wo überhaupt gar nichts geht. Es geht nur über reine Willenskraft und mit der Brechstange. Das sind die Situationen, die keiner sieht. Es ist in den letzten Jahren zum Wettkampftag immer wieder nochmal gut gegangen. Aber da waren ein paar Punktlandung dabei, bei denen ich am Vortag noch nicht wusste, ob ich starten kann.

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