Life & Style Gleichberechtigung für die LGBTQ* Community: Jedes Engagement ist wichtig

Gleichberechtigung für die LGBTQ* Community: Jedes Engagement ist wichtig

Tobias Koppenhöfer ist Inhaber der Artist Management Agentur tkCommunications mit Sitz in München. Er arbeitet projektbezogen mit verschiedenen Künstler:innen im Entertainment-Sektor zusammen und kümmert sich um das gesamte Management von Riccardo Simonetti und Viviane Geppert. Im Interview spricht er über „Pinkwashing“, die „Riccardo Simonetti Initiative“ und verrät, wie sich nicht nur Unternehmen, sondern auch Einzelpersonen für die Gleichberechtigung für die LGBTQ* Community einsetzen können.

Willst du mal erklären, was der Pride Month ist und wofür er steht?

Seinen Ursprung findet die Pride Bewegung vermutlich Ende der 60er Jahre in New York während des sogenannten „Stonewall Uprising“. Dort setzten sich Mitglieder der LGBTQ* Community gegen homofeindliche Razzien zur Wehr und bildeten so den Anstoß für eine weltweite Bewegung, die sich bis heute zieht – der Kampf für mehr Toleranz und letztlich auch Gleichberechtigung für die LGBTQ* Community beziehungsweise grundsätzlich benachteiligte gesellschaftliche Gruppen.

Wieso wird er von vielen Unternehmen in Sachen Marketing genutzt?

Ich glaube, dass der Gedanke vieler Unternehmen in den Sommermonaten das Thema Pride zu unterstützen, ganz oft ein wirklich guter ist. Marken wollen sich solidarisieren und sich zu Vielfalt und Toleranz bekennen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der vor allem jüngere Menschen immer öfter kritisch hinterfragen, Intoleranz nicht länger dulden wollen und ihre Vorbilder, Menschen in der Öffentlichkeit, aber eben auch Marken in die Pflicht nehmen – und sich eine klare Haltung einfordern. Der Grundgedanke dahinter, dass Marken Flagge zeigen und Haltung übernehmen, ist also eigentlich gut. Und ich sage bewusst „eigentlich“.

Was ist problematisch dabei?

Das Problem ist wie so oft, wenn es um kritische gesellschaftliche Themen geht, dass nicht nur ein guter Gedanke wichtig ist, sondern auch wie ernsthaft man die Sache tatsächlich umsetzt. Wenn Marken sich mit Toleranz schmücken, diese oft aber nicht weiter reicht als ein Regenbogen-gefärbtes Profil-Foto auf Instagram, dann verfehlt es leider seinen Zweck. Schlimmer noch: So etwas kann ganz schnell auch als sogenanntes „Pinkwashing“ verstanden werden. Wie echt ist das Engagement eines Unternehmens wirklich? Begünstigt es tatsächlich eine marginalisierte Gesellschaftsgruppe? Wird das Engagement auch nachhaltig gelebt oder verschwindet die Unterstützung nach den Sommermonaten auch wieder bis zum nächsten Sommer?

Ein konkretes Beispiel: Ein Automobilkonzern färbt das Logo seines Instagram-Accounts passend zum Pride Month in Regenbogenfarben – der Kanal der gleichen Marke in Saudi Arabien, einem Land, in dem Homosexualität verboten ist, tut dies aber nicht. Ein Konzern, zwei unterschiedliche Haltungen – so wirkt es zumindest. Wie echt ist also die Solidarität der Marke wenn sie nur in Ländern gilt, in denen das Einfärben eines Logos in Regenbogen-Optik keine großen Hürden mit sich bringt?

Woran kann man erkennen, ob das Engagement rein als Marketingstrategie dient oder authentisch ist?

Zuerst einmal sollte das Thema Pride nichts sein, was nur im Sommer, wenn es gerade en vogue ist, aus der Kiste geholt wird. Es geht hier um eine riesige Gruppe an Menschen, die sich Sichtbarkeit, Toleranz, Akzeptanz und selbstverständlich auch Gleichberechtigung wünscht. Da kann es natürlich schon sehr helfen, wenn tatsächlich auch Vertreter:innen der LGBTQ* Community in Projekte involviert sind – nicht nur vor der Kamera, sondern eben auch dahinter. Einmal im Jahr seine Marketing-Aktivität auf das Thema Pride zu lenken, ist aber leider nicht genug.

Wie in jedem Bereich sollte ein solches Engagement nachhaltig sein, es sollte ganzjährig gelebt werden und es sollte vor allem immer einen spürbaren Benefit für die Community haben. Sei es finanzieller Natur, in dem es beispielsweise gemeinnützige Organisationen unterstützt oder in Form von anderen, klar nachvollziehbaren Mehrwerten. Ein sehr simpler Mehrwert kann alleine schon Sichtbarkeit sein – gerade in den Medien. Noch immer sind, optisch auch erkennbare, Stellvertreter:innen der LGBTQ* Community unterrepräsentiert. So wie übrigens Vertreter:innen jeglicher gesellschaftlicher Randgruppen.

Je selbstverständlicher offen schwul und lesbisch lebende Menschen, Trans*Personen, Drag Queens oder andere Mitglieder der LGBTQ* Community jedoch sichtbar gemacht werden – und nicht immer nur im Kontext dieses Themas – , desto größer auch der Mehrwert. Gleichermaßen sollten solche Handlungen aber eben nicht nur im Sommer zur Norm werden – schön und gut, wenn eine Dragqueen im Juni das Cover eines Magazins zieren darf, wenn sie das aber den Rest des Jahres nicht darf, dann sind wir noch viel zu weit von echter Gleichberechtigung entfernt.

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