Innovation & Future Watchlist 2021: Zehn Gründer*innen, aus dem Bereich Social & Policy

Watchlist 2021: Zehn Gründer*innen, aus dem Bereich Social & Policy

Diversity, Klima, Aktivismus: Die Wirtschaft der Veränderung brummt weiter und weiter. Hier sind die Menschen, die den Wandel zu einer neuen Gesellschaft vorantreiben.

Platz 1: Lena-Sophie Müller, Initiative D21

Lena-Sophie Müller hat, sagt sie, ihren Traumjob – auch wenn es ihren Beruf nicht als Playmobilmännchen gibt und es schwer zu erklären ist, was sie den ganzen Tag macht. Also, es ist so: Zum einen muss Müller von Berufs wegen immer ein bisschen meckern und antreiben. „Ich möchte, dass wir Innovationen nicht verschlafen“, sagt sie. „Die Chancen für moderne Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik, Quantencomputing sind enorm – aber wir sind viel zu langsam.“ Zu langsam darin, das alles in praktische Anwendungen im Bereich Bildung, Arbeit, Gesundheitswesen zu überführen. Zum anderen kümmert sich Müller ständig da­rum, dass bei ihrem Tempo alle mitkommen: „Der digitale Wandel bringt zentrale Gerechtigkeitsfragen mit sich. Wir kämpfen gegen eine digitale Spaltung.“

Einerseits pushen, andererseits mitziehen. Es ist kompliziert. Und das ist nur der Anfang: Als Geschäftsführerin der Initiative D21, eines Vereins, der 1999 unter Gerhard Schröder gegründet wurde und zu dessen Mitgliedern große Firmen wie Amazon, ProSieben und die Telekom gehören, arbeitet sie seit sechs Jahren an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft. Also Lobbying? Ja, für die digitale Gesellschaft, kann man sagen, findet Müller. „Lobbyarbeit ist ja per se nicht schlecht.“ Aber eben auch: kompliziert. Die einen wollen etwa sofort die Digitalisierung von Bildung. Andere schreien halt: Datenschutz! Manchmal ist der Traumjob frustrierend, gibt Müller zu.

Menschen digital souveräner machen

„Aber einer muss ja die Welt retten, hat mein Vater schon immer gesagt“, lacht die 37-Jährige. Ihre Mission ist verdammt wichtig. Im kommenden Jahr besonders: „2021 wird uns nach der Pandemie die ‚Infodemie‘, also grassierende Fehlinformationen, Verschwörungen und Lügen, viel stärker als Gesellschaft fordern“, sagt Müller. „Technologie ermöglicht die Verbreitung von Fehlinformationen in einer Weise, die vorher nicht möglich war. Wie krass diese Auswirkungen sein können, haben wir gerade im US-Wahlkampf gesehen. Auch Fake News rund um das Coronavirus oder den Klimawandel lassen mich jedes Mal aufhorchen: Die Fakten sind innerhalb weniger Minuten im Internet zu finden, werden aber nicht wahrgenommen. Das muss uns vor allem mit dem Blick auf die Bundestagswahl beunruhigen.“ Der Reflex wäre, laut nach der Politik zu schreien. Gesetze müssen her. Um etwa obskure Telegram-Chats zu schließen oder so. Aber das würde, sagt Müller, nicht helfen. Das wäre Symptombekämpfung: „Es wird darum gehen, Menschen digital souveräner zu machen.“ Anfang 2021 wird der Verein einen detaillierten Bericht zur Digitalkompetenz in Deutschland vorlegen und konkret benennen, wo die Politik handeln muss. Spoiler: eigentlich überall. „Menschen aller Lebensphasen haben Nachholbedarf: die Großmutter mit dem Smartphone, die Managerin, die Daten in ihrem Unternehmensdashboard interpretiert, und der Lehrer, der Gamification-Elemente einsetzt.“

Prophezeien ist übrigens auch Teil ihres Jobs. Müller sieht die Initiative D21 als Denkfabrik. Ihre Aufgabe ist, Themen und Konsequenzen voraus- und konsequent weiterzudenken. Als vor vier Jahren das Gespräch über autonomes Fahren aufkam, wollte sie eine wichtige Debatte über digitale Ethik allgemein anstoßen. Deshalb ist sie eigentlich froh, einen Teil des quasi komplett im Homeoffice gelebten Jahres 2020 so verbringen zu können, wie sie es mag: mit Denken.

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Faruk Tuncer – Polyteia
Bedarf an Kitaplätzen, Geburtenzahlen, Zuzüge, Betreuungsschlüssel – eigentlich alles da. Problem: Viele Zahlen der Verwaltung sind nicht vernetzt. Tuncer hat Auswertungstechnologien entwickelt, die Daten aus einzelnen Silos extrahieren und zu Dashboards, Berichten und Prognosen aufbereiten. Der Gründer: „Bis 2030 haben wir das weltweit führende OS für den öffentlichen Sektor.“

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