Life & Style foodwatch warnt: Junkfluencer*innen machen Kinder dick

foodwatch warnt: Junkfluencer*innen machen Kinder dick

Als Kind bekommt man eingebläut, keine Süßigkeiten von Fremden anzunehmen. In Zukunft muss diese Warnung wohl auch auf digitale Fremde ausgeweitet werden. Auf Influencer*innen nämlich oder, wie der neue foodwatch-Report 2021 sie betitelt, „Junkfluencer“.

Besonders ihr Fett weg bekommen in dem gestern erschienenen Report Viktoria und Sarina, Simon Desue, Laser Luca, Dagi Bee und Julia Beautx – allein auf YouTube erreicht jede*r von ihnen mehr als 1,5 Millionen Follower*innen. Als Datenbasis dienten foodwatch mehrere tausend Posts und Videos der zwanzig reichweitenstärksten Influencer*innen.

Mit Essen spielt man nicht?

Die Kritik von foodwatch: Lebensmittelmarken wie Haribo, Coca Cola, Milka oder McDonald’s nutzen bekannte Social-Media-Stars, um zuckerhaltige Limos, Fast Food und Süßigkeiten gezielt an Kinder und Jugendliche zu vermarkten.

Oft ist diese Werbung nicht eindeutig als solche gekennzeichnet. Vielmehr sind die Produkte in YouTube-Videos mit catchy Titeln wie „VIRALE TIKTOK SNACKS TESTEN (so geil 😍)“, „World Record: 1000 Gummibears in 100 Seconds **Unbelievable**“ oder „24 Stunden NUR BLAUES Essen 💙“ eingebettet, in denen bizarre Food-Challenges gezeigt werden.

Quelle: Julia Beautx

Gefährlich ist das, da Influencer*innen eine große Glaubwürdigkeit besitzen. Foodwatch zitiert eine Studie von M-Science, wonach sich insbesondere elf- bis 15-Jährige ihren Online-Idolen „bedingungslos hingeben“ und deren Aussagen „vollstes Vertrauen“ entgegenbringen.

Jedes sechste Kind ist zu dick

Da in den Videos der Influencer*innen die Grenze zwischen Werbung und Unterhaltung verschwimmt, entgehen sie leicht der Kontrolle der Eltern. Mit Konsequenzen: Aktuell gelten etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als fettleibig – ihnen drohen später Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herzerkrankungen. Jeder fünfte Todesfall in Deutschland ist auf ungesunde Ernährung zurückzuführen.

Brisant ist die Beeinflussung der Ernährung von Kindern und Jugendlichen auch deshalb, weil die gelernten Gewohnheiten oft ein Leben lang beibehalten werden.

„Kinder und Jugendliche entwickeln schon früh Ernährungsgewohnheiten, die ihre Gesundheit lebenslang beeinflussen“, sagt Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit an der Kinderklinik der Universität München zu foodwatch. Die dicken Kinder werden also später dicke Erwachsene.

Verbote müssen her!

Was also tun? Bereits im Juni 2020 forderte der wissenschaftliche Beirat von Julia Klöckner in einem Gutachten eine verpflichtende Werbebeschränkung an Kinder für stark zuckerhaltige Produkte. Foodwatch bekräftigt diese Forderung nun erneut.

Doch bislang setzt Bundesernährungsministerin Julia Klöckner lediglich auf eine freiwillige Selbstbeschränkung der Industrie statt auf Verbote. Leider ist das in etwa genauso effektiv, wie wenn man Kinder zu einer freiwilligen Selbstbeschränkung beim Süßigkeitenverzehr aufruft.

Dabei haben andere es bereits vorgemacht. Dem Spiegel zufolge ist in Ländern mit Beschränkungen der Werbung an Kinder – etwa Schweden, Großbritannien oder Peru – der Junkfood-Konsum zwischen 2002 und 2016 um 8,9 Prozent gesunken. In Ländern mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Industrie hingegen ist er um 1,7 Prozent gestiegen.

Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker kritisiert die Klöckners Politik scharf: „Die Ministerin leistet sich ein konsequentes Versagen beim Schutz von Kindern, indem sie nahezu ausschließlich freiwillige Deals gemeinsam mit einer zuckerabhängigen Lebensmittelindustrie vorbereitet. Ihr Nicht-Handeln stellt angesichts der massiven gesundheitlichen Folgen für Kinder einen Amtsmissbrauch dar.“

Für alle, die auch etwas machen wollen: Hier gibt es eine Petition von foodwatch, mit der das Junkfluencer*innen-Marketing gestoppt werden soll.

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