Productivity & New Work Warum es wichtig ist, dass Führungspersonen Schwäche zeigen

Warum es wichtig ist, dass Führungspersonen Schwäche zeigen

ein Gastbeitrag von Marie Moesgaard, Country Managerin bei Pleo

Als Chef*in Verwundbarkeit eingestehen? Lange Zeit versteckten Geschäftsführer*innen ihre eigenen Emotionen, um Stärke und dadurch Führungsqualität zu demonstrieren. Getreu dem Motto: Bloß keine Schwäche zeigen. Aber was in der Vergangenheit ein No-Go war, schreiben wir uns heute auf die Fahnen. Aus Schwäche wird Stärke. Und das mit gutem Grund.

Dem Team Nähe geben

Führungspersönlichkeiten büßen heutzutage nicht an Autorität ein, wenn sie sich dazu entscheiden, sich zu öffnen – vor allem angesichts der COVID-19-Krise und der damit verbundenen Last, die sie zu schultern haben.

Selbst Politiker*innen, wie der Gouverneur von New York, Andrew M. Cuomo, oder der Bürgermeister von L.A., Eric Garcetti, unterdrückten in ihren Krisen-Ansprachen nicht ihre Tränen. Das Leid und die Auswirkungen von COVID-19 berührte sie und sie zeigten es. Die Message an alle Führungskräfte weltweit ist glasklar: Verwundbarkeit zeigen ist nicht länger ein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von und für Menschlichkeit.

Marie Moesgaard ist die Country Managerin bei Pleo, einer Plattform für Unternehmensausgaben und Firmen-Kreditkarten.

Auf unsere Teams übertragen heißt das also: Der Ausdruck meiner eigenen Verwundbarkeit trägt dazu bei, dass sich auch das Team öffnet. Dabei ist es wichtig, präsent zu sein und seinem Gegenüber nicht nur zuzuhören, sondern ihn oder sie auch zu verstehen und dabei als kompletten Mensch zu sehen. Authentische Führungspersönlichkeiten sind in der Lage, eine starke Bindung zu ihrem Team aufzubauen.

In einen offenen Dialog treten

Häufige Check-ins und Einzelgespräche bilden die Grundlage für einen offenen Dialog, in dem nicht nur Berufliches, sondern auch Persönliches Platz finden sollte. Meiner Erfahrung nach sind folgende Fragen gute Eisbrecher, um den Dialog zu eröffnen:

  • Wie fühlst du dich im Moment?
  • Was beschäftigt dich?
  • Gibt es Sorgen oder Bedenken beruflicher oder persönlicher Natur?
  • Welche täglichen Routinen können uns motivieren?
  • Wie ist die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen?

Führungskräfte, die diesen Fragen selbst offen gegenüberstehen und ihre Emotionen teilen, ermutigen ihre Teammitglieder, das Gleiche zu tun.

Im Gespräch sollte allerdings kein Druck aufgebaut werden. Schließlich handelt es sich um einen offenen Dialog (die Betonung liegt auf offen!). Dies beinhaltet auch, dass es keine Erwartungshaltung gegenüber konkreten Rückmeldungen oder Lösungen geben darf. Manch einer mag die Gelegenheit eines Gesprächs zu schätzen wissen, während einem anderen womöglich nicht wirklich nach dem Teilen seines Gefühlsinnenlebens ist.

Führungskräfte müssen sich an die Bedürfnisse des Einzelnen anpassen – und dürfen zugleich keine Gegenleistung erwarten. Ein kleiner Tipp am Rande: Ich versuche meine Werte nicht nur zu lehren, sondern sie meinem Team vorzuleben.

Transparent und ehrlich kommunizieren

Die Kommunikation mit dem Team birgt extrem viel Potenzial für moderne Führungskräfte. Es gilt: Man kann nicht genug kommunizieren. Je mehr man kommuniziert, desto besser. Denn selbst wenn man glaubt, bereits alles gesagt zu haben, ist man oft nur auf halbem Wege. Das liegt daran, dass wir Gespräche meistens nur aus unserer eigenen Perspektive betrachten. Seitdem ich das erkannt habe, nehme ich mir die Zeit, darüber nachzudenken, wie mein Gegenüber das Gespräch wahrgenommen hat.

Neben einem konsistenten Kommunikationsfluss empfehle ich, alle Teammitglieder stets auf dem Laufenden zu halten. Das Credo lautet: Gib dem Team proaktiv alle Informationen, anstatt erst zu warten, bis Fragen aufkommen. Dabei sollte man so ehrlich und transparent sein wie nur möglich – Menschen merken, wenn etwas vor sich geht und spüren, wenn sie absichtlich im Dunkeln gelassen werden.

Ein positives Beispiel: Als Corona auf seinem Höhepunkt war, schickte unser CEO Jeppe Rindom regelmäßige Video-Updates an uns alle. Jeder wusste das sehr zu schätzen. Und jeder fühlte sich auf sehr ehrliche und transparente Weise einbezogen und informiert. Selbst in einer sehr turbulenten Zeit wurde uns so ein Gefühl von Bodenständigkeit und Sicherheit vermittelt.

Räume der Öffnung schaffen

Wir sind alle nur Menschen – auch am Arbeitsplatz. An manchen Tagen fühlt man sich besser, an anderen schlechter. Man kann natürlich niemanden dazu zwingen, sich zu öffnen. Aber seine eigene Verwundbarkeit zu zeigen hilft wirklich immer. Ein persönliches Beispiel: „Ich habe Momente, in denen ich mich unsicher fühle und an mir zweifle. Momente, in denen ich mir endlos den Kopf zerbreche und dadurch nicht schnell genug Entscheidungen treffe. Das ist auch ein Teil meines Führungsstils.“

Die eigenen Herausforderungen zu teilen, schafft eine persönliche Ebene. Andere fühlen sich selbst ermutigt, ihre Gefühle ebenfalls Preis zu geben. Nennen wir es doch einfach den „Raum des Vertrauens“. Dort erfahren Teammitglieder sowohl die Möglichkeit als auch die notwendige Sicherheit, ihre Sorgen teilen zu können. Eine Bitte: Auf Worte sollten Taten folgen. Es ist wichtig, seine Teammitglieder ernst zu nehmen, einzeln zu betrachten und nicht zu (ver-)urteilen.

Und zu guter Letzt plädiere ich für eine rege Feedback-Kultur. Es liegt in der Natur des Menschen, etwas bewirken zu wollen. Jede Idee sollte anerkannt werden. Berücksichtigen wir dies auch im Unternehmen führt dies unweigerlich zu höherer Produktivität und Leistung. Alle Mitarbeiter*innen sollte den Freiraum haben, seinen Tag individuell zu gestalten und seine Aufgaben selbstbestimmt erledigen zu können, anstatt sich zu sehr auf Mikromanagement konzentrieren zu müssen.

Das A und O ist: Auch als Führungskraft ist man ein Teil des Rudels und kann niemanden unter Druck setzen, sondern nur mit gutem Beispiel vorangehen. Und falls sich jemand trotzdem nicht öffnen möchte, gibt es keinen Grund, enttäuscht zu sein.

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