Random & Fun Warum Pausen wichtig sind – erst recht im Homeoffice

Warum Pausen wichtig sind – erst recht im Homeoffice

von Björn Waide, CEO von Smartsteuer

Wann hast du das letzte Mal eine Pause gemacht? Ich meine, eine richtige Pause. Eine Pause, in der du nicht durch irgendeinen Newsfeed gescrollt hast, dich nicht von Podcasts, Netflix oder Musik hast berieseln lassen, in der du nicht einmal ein Buch gelesen hast, dich nicht abgelenkt hast, in der du dich mit nichts, wirklich nichts aktiv beschäftigt hast?

Die Pause als Abwesenheit von geistiger Produktion oder Rezeption ist rar geworden im digitalen Zeitalter. Mehr noch: Sie ist geradezu in Verruf geraten. ​Wer heute für einen Moment einfach nur dasitzt und vor sich hinstarrt​, egal ob im Zug, im Café oder auf dem Bürostuhl, der macht sich beinahe verdächtig: ​„Kann der sich etwa nicht beschäftigen?“ – „Hat die nichts zu tun?“

Keine Lücke mehr im Kalender

Die Kulturtechnik des Ruhens und Pausierens, des temporären Müßiggangs, wird heute kühl als ​unproduktive Zeit​ gebrandmarkt – und zum Abschuss freigegeben. Unter dem Primat der ständigen Effizienzsteigerung wird die Pause zu etwas, das man im tagtäglichen Kalender-Tetris schmerz- und (scheinbar) kostenfrei wegrationalisieren kann.

Björn Waide ist CEO von ​Smartsteuer​. Das Team digitalisiert den analogsten Prozess Deutschlands: die Steuererklärung.

Gleichzeitig vertreibt die Allverfügbarkeit von Informationen und Reizen via Smartphone und Laptop im Verbund mit Highspeed-Internet die Pause auch aus all jenen Bereichen unseres Lebens, die früher entkoppelt vom Beruflichen waren. Für nicht wenige von uns sind so die Push-Notifications auf dem iPhone-Display das erste und letzte, was sie am Tag sehen. Reisezeiten, egal ob vier Stunden im ICE oder morgens eine halbe Stunde in der S-Bahn, sind ebenfalls längst zu Arbeits- oder Berieselungszeiten verkommen.

Für unseren Arbeitsalltag gilt das Gleiche: Der Siegeszug von Scrum und Co. bedeutet nicht zuletzt den Siegeszug eines sich fortlaufend selbstoptimierenden Prozesses, der mithin die fortlaufende Selbstoptimierung des Einzelnen fordert und forciert. Für Pausen bleibt da leider keine Zeit.

Die Viel-hilft-viel-Logik greift nicht mehr

Die vielfältigen Vorteile von Smartphones, mobilem Internet und agilen Arbeitsmethoden stehen außer Frage. Doch mit ihrer Verbreitung gehen negative Nebeneffekte einher, wie die zunehmende Wegrationalisierung und Ächtung des Pausierens. Kurzfristig mag diese auf Effizienzsteigerung getrimmte Haltung zunächst sinnvoll und zeitgeistig erscheinen, doch ist sie auf lange Sicht das genaue Gegenteil. Wer die Pausen und die Erholung abschafft, der führt den Einzelnen in den Burnout – und das Unternehmen in den Ruin.

Das mag hart klingen, doch der Grund dafür ist simpel. In vordigitalen Zeiten glichen die allermeisten Unternehmen Legebatterien, die vergleichsweise stumpf auf eine Maximierung der Eierproduktion ausgelegt waren. Die Wertschöpfung funktionierte über die expertisegestützte Lösung (wiederkehrender) komplizierter Probleme und gehorchte mehrheitlich linearen Input-Output-Zusammenhängen.

Gleichzeitig war durch die von der Stechuhr vollzogene, natürliche Abtrennung von Arbeits- und Freizeit ein hinreichendes Maß an Erholung gewährleistet. Doch die Viel-hilft-viel-Zeiten der Industriegesellschaft sind vorbei. In der digitalen Wissensgesellschaft wird Kreativität im Sinne der Fähigkeit zur Lösung komplexer, offener Probleme im Team zum wichtigsten Asset für erfolgreiche Unternehmen.

Und genau hier kommt die Pause ins Spiel: Wo die Kreativität die Akkordarbeit als Werttreiber ersetzt, wo also Klasse in gewisser Weise Masse ersetzt, da verschieben sich auch die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, damit Mitarbeiter*innen immer wieder aufs Neue Höchstleistungen erbringen können.

Pausen werden zum Wettbewerbsvorteil

Wann hattest du das letzte Mal eine richtig gute Idee? Während eines hektischen Meetings? Beim gedankenlosen Scrollen durch den Twitter-Feed? Beim Lunch „On the Go“ auf dem Weg zum nächsten Termin? Wahrscheinlich ist die Antwort: nein. Sie lautet stattdessen vielmehr: unter der Dusche, beim Dösen auf der Couch, beim Waldspaziergang, beim Plausch mit den Kolleg*innen am Wasserspender.       

Klar ist: Für regelmäßige kreative Höchstleistungen sind Pausen eine enorm wichtige, ja unerlässliche Zutat. Erst das tatsächliche temporäre Abschalten gibt dem Geist die notwendige Zeit, im Un(ter)bewussten Input zu verarbeiten und Informationen neu zu verknüpfen. Und in genau dieser Weiterverarbeitung und Neuverknüpfung von Information liegt ein wesentlicher Teil der kreativen Wertschöpfung. 

Für Unternehmen sind Pausen kein notwendiges Übel, sondern etwas, das schon heute erfolgskritisch ist und in Zukunft zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil mutieren könnte. Wie gut gelingt es, Mitarbeiter*innen Raum für notwendige Pausen zu geben und eine Kultur zu prägen, die Auszeiten nicht als Schwäche brandmarkt, sondern als Beitrag zur Wertschöpfung versteht und wertschätzt?

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Das ist eine Herausforderung, die im Angesicht einer flächendeckenden Always-on-Sozialisation keinesfalls zu unterschätzen ist, wie es Ryan Holiday in seinem sehr lesenswerten Buch „Stillness is the Key“​ darlegt. Anstatt die wenigen Lücken in unseren Kalendern also tetrishaft zu befüllen, brauchen wir Kalenderblöcke für Pausen. Wir müssen – im Unternehmensalltag, aber auch im Privaten – Pausen wieder fest verankern, wir müssen uns, so ironisch es klingen mag, zum Pausieren disziplinieren. Ob über regelmäßige morgendliche Meditation, mittägliche Sporteinheiten oder abendliche Waldspaziergänge: Wir müssen uns und unsere Mitarbeiter*innen vor einem übergreifenden Maß an Selbstausbeutung schützen und so letztlich die Leistungsfähigkeit unserer Organisationen sicherstellen.                   

Der gern verlachte New-Work-Kickertisch ist entsprechend auch kein Wohlfühlkult, sondern ein beispielhaftes, optisch sichtbares Mittel zur kurzen Pause am Arbeitsplatz. Für Führungskräfte gilt es daher, in ihren Unternehmen strukturell Räume und Angebote zu schaffen, die den Stellenwert kleiner und großer Pausen unterstreichen. 

Um in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen wir verstehen, dass die Pause integraler Bestandteil der Wertschöpfung in der Wissensgesellschaft ist. Somit ist all dies natürlich kein karitatives Angebot, sondern letztlich eine rationale, unternehmerische Entscheidung, um die Ergebnisqualität und Innovationsfähigkeit der eigenen Organisation nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft und nachhaltig zu verbessern. Die Pause ist also im besten Sinne ihr Geld wert.

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