Life & Style Urlaub als Erlebnis: Wie Airbnb Destinationen fernab der klassischen Hotspots kreiert

Urlaub als Erlebnis: Wie Airbnb Destinationen fernab der klassischen Hotspots kreiert

Früher hat Airbnb geholfen, Wohnungen an Touristen unterzuvermieten. Das neue Ziel: die Entwicklung eigener Destinationen fernab der klassischen Hotspots.

„Piano, piano“, schreit Michele, der Guide der Matera Photo Experience, während sich eine Gruppe von Touristen durch die engen Gassen drängt. Die kleine Stadt in der Region Basilicata zwischen Neapel und Bari wirkt wie ein unscheinbares Bergdorf, ist 2019 aber – neben dem bulgarischen Plowdiw – Kulturhauptstadt Europas und entsprechend busy. „Vor fünf Jahren war hier kaum was los, die Restaurants konnte man an einer Hand abzählen“, sagt Gian Paolo Buziol, der eine Weinbar im Herzen von Matera besitzt. Er kommt ursprünglich aus Venedig, ist aber der Masse an Touristen entflohen, um hier neu anzufangen. „Wegen der Leere“, wie er sagt.

Leer sieht es in Matera aber aktuell eher nicht aus: Gemessen an der Zahl der Einwohner hat die kleine Bergstadt die höchste Dichte an Airbnb-Wohnungen in Italien. Ein Restaurant reiht sich an das nächste, Rikscha-Versionen der dreirädrigen Ape-Kleintransporter fahren wild durch die engen Gassen der Sassi. So nennt man die alten Viertel von Matera, die in den 50er-Jahren noch als „la vergogna nazionale“, als nationale Schande, bezeichnet wurden.

In den Sassi lebten damals noch rund 15 000 Menschen unter oft unzumutbaren hygienischen Bedingungen, in Höhlensiedlungen, in den Felsen gehauen und bewohnt seit der Spätantike. In diesen hausten die Menschen zu Dutzenden, zusammen mit ihren Tieren. Die Wohnungen düster, die Luft schlecht, Krankheiten wie Malaria waren stark verbreitet. Die Sassi wurden vor 60 Jahren nach und nach evakuiert, die Menschen umgesiedelt, worauf die Viertel verfielen.

Im Grunde Agrotourismus, aber mit schickerer Unterkunft als auf dem Bauernhof – und weniger harter Arbeit: die Wine Experience in Grottole.

In den 80er-Jahren entdeckten die Bewohner dann den Wert der Sassi wieder und begannen, die alten Stadtteile zu restaurieren. 1993 ernannte die Unesco die Siedlungen zum Weltkulturerbe. Aus dem früheren Schmuddelkind wurde plötzlich der kultivierte Vorzeige-Schwiegersohn. Und der zog Touristen in den Ort, die keine Lust hatten, mit Tausenden anderen in Pisa, Florenz oder Venedig die Checkliste aus dem Reiseführer abzuhaken. Denn hier, in Matera, bekamen sie das richtige Italien, die echte Experience samt Unterkunft im Weltkulturerbe.

Urlaub als Erlebnis

Die Vorstellung von Urlaub hat sich in den vergangenen Jahren radikal gewandelt. Lange war die Masse der Touristen ganz zufrieden damit, aufgereiht am Strand zu liegen oder sich in Kolonnen durch historische Altstädte zu schieben. Doch im Jahr 2019 muss man nicht zu denen gehören, die sich mit dem Rucksack durch den Dschungel schlagen oder einen Roadtrip durch Südamerika wagen, um zur wachsenden Gruppe derer zu zählen, die von ihrem Urlaub etwas Besonderes verlangt: etwas völlig Neues zu erleben, nicht unbedingt das große Abenteurer, aber doch eine einzigartige Experience. Und die bekommt man eben eher in Matera – neben dem syrischen Aleppo eine der ältesten Städte der Welt – als in Rom. Verändert sich das Verhalten der Konsumenten, zieht der Markt mit. Und keiner hat das Game so gut verstanden wie Airbnb.

Lange ging es bei der 2008 gestarteten Reiseplattform um die Vermittlung privater Wohnungen an Touristen. Der Erfolg war gigantisch. Ende 2018 wurde Airbnb mit 38 Mrd. Dollar bewertet und gilt als Kandidat für den nächsten großen Börsengang. Doch mit dem Erfolg kamen auch die Probleme.

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