Personal Finance Pragmatisch, experimentell, sozial-ökologisch: Wie Berufsanfänger*innen sparen

Pragmatisch, experimentell, sozial-ökologisch: Wie Berufsanfänger*innen sparen

DIE TRADITIONELLEN

Verfügbarer Teil des Einkommens 1 950 Euro – Optimale Sparrate 100 Euro

Sie sind bodenständig, vernünftig, sicherheitsorientiert. Wichtig ist für sie die Verwurzelung in Familie und Heimat, dafür verzichten sie auf manches Experiment. Meist wählen sie gradlinige Berufe und orientieren sich dabei an den Eltern. Feste Tagesabläufe finden sie gut, Normalbiografien erstrebenswert: Arbeit, Hei- rat, Kinder. Ihr Pflichtgefühl ist so ausgeprägt wie ihr Streben nach Ordnung und Gleichgewicht.

Haben und behalten – das könnte das Finanzmotto der Traditionellen sein. Ihr Lebenstraum ist die eigene Immobilie. Zuerst sichern sie die Familie ab, dann sorgen sie fürs Alter vor. Schwankende Kurse finden sie beunruhigend, lieber wählen sie sichere Anlagen: Sparbücher, Bundesanleihen, Rentenpolicen, Bausparen.

Die Gefahr dieser Rücklagestrategie: Ihr Sicherheitsstreben kostet die Traditionellen Rendite, auch schränken sie sich mit teuren Langfristverträgen ein. Besser wären höher verzinste Festgeldkonten und Unternehmensanleihen.

Empfehlungen

Festgeldkonto: Crédit Agricole (1,56% – 7 J.), IKB Bank (2,6 % – 10 J.)

Unternehmensanleihen: Schroder ISF Euro Corporate Bond (LU 011 325769 4), HSBC Euro Credit Non-Financial Bond (DE 000 515200 3)

DIE SOZIAL-ÖKOLOGISCHEN

Verfügbarer Teil des Einkommens 1 980 Euro – Optimale Sparrate 100 Euro

Sie sind Idealisten und legen Wert auf Verantwortung, Ethik und Gerechtigkeit, ohne deshalb naive Sozialromantiker zu sein. Weil sie einen Beitrag zu einem besseren Leben leisten möchten, wählen sie meist sinnstiftende Berufe, auch gerne in Selbstständigkeit. Patchworkkarrieren und fremde Kulturen finden sie reizvoll.

Das Finanzmotto der Sozialökologischen: sein und verändern. Sie sparen für Reisen, aber auch fürs Renovieren und Modernisieren ihrer Wohnung und für die eigene Fortbildung. Da sie Unkalkulierbares nicht schreckt, sind sie Fonds gegenüber aufgeschlossen. Im späteren Alter haben Vertreter dieses Milieus häufig auch eigene Immobilien. Die Sozialökologischen fühlen sich bei Umwelt- und Ethikbanken wohl und neigen zu breit investierenden Ökofonds mit strengen Nachhaltigkeitskriterien. Die Gefahr dieses Sparansatzes: Oft schränken die Sozialökologischen ihr Anlageuniversum mit ihrer Skepsis allzu arg ein, zudem sind sie anfällig für pseudonachhaltige Waldinvestments, Windparks oder Wasserfonds – nicht überall, wo öko draufsteht, ist öko drin.

Empfehlungen

Nachhaltiger ETF: UBS MSCI World Socially Responsible (LU 062 945974 3)

Nachhaltige Aktienfonds: Ökoworld Oekovision Classic C (LU 006 192858 5), Triodos Sustainability Equity R (LU 027 827241 3)

DIE EXPERIMENTELLEN

Verfügbarer Teil des Einkommens 1 520 bis 660 Euro – Optimale Sparrate 60 bis 70 Euro

Sie sind lebenslustige Partymenschen, die in vollen Zügen genießen. Die Experimentellen probieren gerne Neues aus, lösen sich früh vom Elternhaus und pflegen einen intensiven Medienkonsum. Ihr Milieu teilt sich in zwei soziale Schichten: Am einen Ende des Spektrums stehen die gebildeteren Experimentellen, die es als urbane Hipster und kreative Avantgarde in die Städte zieht, wo sie erfolgreich Karriere machen. Am anderen Ende des Spektrums stehen die weniger gebildeten Materialisten, für die Konsum ein Lebensinhalt ist, mit dem sie Anschluss an die Mittelschicht suchen. Für alle Experimentellen gleichermaßen gilt: Ihr extravaganter Lebensstil, den sie gerne zur Schau stellen, will finanziert werden. Das schmälert ihr verfügbares Nettoein- kommen, zumal sie oft Singles sind.

Ihr Finanzmotto: Work hard, play hard. Wenn überhaupt, dann sparen die Experimentellen für größere Konsumerlebnisse, etwa für Autos oder die Ausstattung ihrer Wohnung. Allzu viel legen sie nicht zurück, sie richten sich nach der Devise: Die Zukunft ist heute. Gebildete Experimentelle haben Spaß am selbst- bestimmten Anlegen und gehen dabei moderate Risiken ein. Sie sind gut beraten mit allem, was nicht allzu stark schwankt. Geeignet sind etwa gemischte Fonds oder ETFs aus 60 Prozent Aktien plus 40 Prozent Anleihen. Die materialistischeren Experimentellen schrecken vor Fonds meist zurück, doch gerade sie könnten sich mit Sparplänen auf mehr Konstanz trimmen oder es mit vermögenswirksamen Leistungen versuchen. Allzu große Experimente sollten beide nicht machen, dafür ist ihre Sparrate zu klein.

Empfehlungen

Mischfonds: Invesco Pan European High Income (konserv. Europa) (LU 024 395723 9), Acatis Datini Valueflex Fonds (flexibel Welt) (DE 000 A0RKXJ 4)

Kombination aus Aktien-ETF und Anleihen-ETF: 60 %: db x-trackers MSCI World (IE 00B J0KDQ9 2) 40 %: SPDR Barclays Euro Aggregate Bond (IE 00B 41RYL6 3)

DIE PERFORMER

Verfügbarer Teil des Einkommens 1 1 420 Euro – Optimale Sparrate 150 Euro

Sie sind die künftigen Führungskräfte – und sehen sich auch selbst so. Die Performer verstehen sich schon früh im Leben als Teil der internationalen Leistungselite. Sie sind wettbewerbsorientiert und setzen ehrgeizig ihre Ziele durch, auch in Finanzdingen. Dominanz ist ihre Motivation, sie wollen unbedingt in die Top-Position. Weil sie schnell reich werden wollen, gehen sie bisweilen hohe Risiken ein.

Ihr Finanzmotto: Leistung aus Leidenschaft. Die Performer sparen für Technik, Reisen und Mobilität. Sie bevorzugen dafür Aktien und aktive Fonds. Weniger können sie mit ETFs anfangen, weil sie nicht den Durchschnitt, sondern Spitzenwerte anstreben. Eine starke Neigung haben die Performer auch zu innovativen Finanzprodukten wie Netzwährungen und zu Fintechs. Viel Bargeld haben sie meist nicht auf dem Konto: Fast jeder Zweite bekäme Probleme, müsste er 500 Euro für einen Notfall ausgeben. Die Achillesferse der Performer ist ihre Selbstüberschätzung. Oft gehen sie zu hohe Risiken ein. Etwas weniger Optionsscheine und Bitcoins wären gut für ihre Rücklagestrategie, dafür mehr Tech-Aktien oder auch Schwellenländerfonds.

Empfehlungen

Aktien Welt: Robeco Global Consumer Trends Equities (LU 018 707934 7)

Aktien Schwellenländer: HSBC GIF BRIC Equity M1C (LU 020 517034 2)

Tech-Aktien-ETF: Ishares TecDax UCITS (DE 000 593397 2)

DIE PRAGMATISCHEN

Verfügbarer Teil des Einkommens 1 780 Euro – Optimale Sparrate 80 Euro

Sie sind die Mitte der Zukunft. Die Pragmatiker fassen früh einen Plan fürs Leben und setzen ihn selbststän- dig um, sind aber jederzeit bereit, ihn an die Realität anzupassen. Sie sind „Aber“-Typen: Sie wollen einen gut bezahlten Job, aber auch Selbstverwirklichung, sie wollen ein geordnetes Leben, aber gleichzeitig Flexibi- lität, sie mögen es solide, aber nicht langweilig.

Ihr Finanzmotto: Alle Optionen offenhalten. Sie sparen für Reisen, für Weiterbildung, später auch fürs Eigenheim. Die Pragmatischen sind unter allen hier porträtierten Gruppen am offensten für Beratung. Sie sind überdurchschnittlich fondsaffin, denn Fonds versprechen Flexibilität. Wenn sie älter werden, setzen sie oft auf Immobilien als Weg der Altersvorsorge.

Weil die Pragmatischen alles zugleich wollen, besteht die Gefahr, dass sie sich verzetteln. Geldanlagen sind fix oder flexibel, beides geht nicht. Es empfiehlt sich, in jungen Jahren erst einmal flexibel anzusparen, etwa mit kostengünstigen ETFs, anstatt zu sehr auf Sicherheit zu setzen.

Empfehlungen

Kombination aus Aktien- ETF und Anleihen-ETF: 60 %: db x-trackers MSCI World (IE 00B J0KDQ9 2) 40 %: SPDR Barclays Euro Aggregate Bond  (IE 00B 41RYL6 3)

Misch-ETF: Arero (LU 036 086386 3)

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