Leadership & Karriere Yusaku Maezawa: Unternehmer, Milliardär und Weltraumtourist

Yusaku Maezawa: Unternehmer, Milliardär und Weltraumtourist

Alle ab nach Zozotown

Aber wie viel Geld genau hat er aus Start Today geholt? Immerhin war das der Startschuss für das Milliardenimperium, aus dem dann zuletzt Zozo geworden ist. Wie viel? Weiß er nicht mehr, sagt Maezawa. „Aus Geld habe ich mir nie viel gemacht. Ich habe es sowieso immer ausgegeben, ob ich es nun tatsächlich hatte oder nicht.“ Schon früh hat er also erfolgreich das Konzept des Deficit Spending verinnerlicht: über die eigenen Verhältnisse leben, in der Erwartung, dass von den Investitionen der Aufschwung kommt. Für Maezawa, der anfangs scheinbar wahllos CDs und Platten einkaufte, ging der Plan auf, er schuf einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf.

Kurz nach der Jahrtausendwende nutzte er mit Start Today dann das Internet, sparte sich fortan die Papierkataloge und erreichte mehr Kunden. Ab 2004 vertrieb die Website dann auch Mode von zunächst 17 verschiedenen Marken. Diese Plattform benannte er in Zozotown um. Die ging Jahre darauf an die Börse in Tokio. Das war vor der Finanzkrise, und die Anleger fanden das reizvoll: einen heimischen Versand, der einem Lifestyle-Produkte nach Hause schickte, der sich außerdem den Anstrich gab, dass dort alles anders, jünger, frischer zuging – toll. Denn Maezawa wählte seine Mitarbeiter nicht danach aus, wie viele Stunden sie im Büro verbringen, was in traditionellen japanischen Betrieben durchaus ein Zeichen für Loyalität und Aufopferung ist. Er wollte, sagt er, dass seine Leute stattdessen für den Job brennen und einschätzen können, wann sie fertig sind und eine Pause brauchen.

Das alles funktionierte beeindruckend gut. Mae­zawa hatte längst Schlagzeug gegen Laptop getauscht. Musste er auch: Aus Zozotown war dank der frischen Investorengelder schnell ein derart wertvolles Unternehmen geworden, dass Maezawa bald weit über 1 Mrd. Dollar auf dem Konto liegen hatte.

 

Maezawa hat aus seiner Zeit in den USA eine Begeisterung für das Land und die im Vergleich zu seiner Heimat recht offene Kultur mitgebracht. Das erklärt auch die westküstenartige Einrichtung bei Zozo (Credits: Kentaro Takahashi).

Mittlerweile weiß der CEO nicht mehr genau, wie viele Leute er beschäftigt. Wie viele waren das noch, 1 000? Etwa schon 2 000? In wie viele Länder will man jetzt expandieren? Er schüttelt den Kopf, für die genauen Zahlen ist ein Mitarbeiter zuständig, er, der Mondtourist, hat so etwas nicht nötig, scheint es. (Jedenfalls wurde im vergangenen Sommer verkündet, dass Zozo in 72 Länder expandieren werde, die Europazentrale sitzt bereits in Berlin.) Wenn man darüber nachdenkt, dann erinnert diese betonte Laxheit, dieses Lebemann-Laisser-faire stark an einen Valley-Unternehmer, der im vergangenen Sommer aus einer Laune heraus über Twitter angekündigt hat, dass er sich vorstellen könnte, zu 420 Dollar (Zwinkerzwinker) pro Aktie sein Unternehmen Tesla von der Börse zu nehmen.

Wenn Musk und Maezawa demnächst häufiger im Rahmen der Mondreisevorbereitungen miteinander zu tun haben werden, sollten sie sich dringend austauschen: Was, wenn Innovation nicht das reinholt, was sie versprochen hat? Was, wenn die Börse schrecklich teure Zukunftsinvestitionen zumindest kurzfristig abstraft? Wenn die Anleger sich fragen, ob Exzentrik auf oberster Ebene immer so angebracht ist? Denn was Musk die Entwicklungskosten und Lieferprobleme (unter anderem) beim Model 3 sind, ist für seinen japanischen Kollegen wohl der mittlerweile berüchtigte Zozosuit.

Tod der Konfektionsgröße

Als der Zozosuit 2017 auf den Markt kam, war er eine Ansage an die gesamte Branche: Dank ihm soll jedes Modestück ein maßgeschneidertes Teil sein. Das Ende der Konfektionsgrößen, die ohnehin nur mäßig zuverlässig sind – welcher Mensch ist schon überall nur M oder L? Grob erklärt, funktioniert das von Zozo als Revolution der Modewelt ausgegebene Ganzkörperding so: Auf der Website gibt man Geschlecht, Gewicht und Größe an. Dann bestellt man sich nur für die Lieferkosten den Suit nach Hause und zieht ihn an. Auf dem Suit sind 300 weiße Sensoren angebracht. Die Smartphone-App macht dann zwölf Fotos vom Träger des Anzugs, die fortan als Blaupause für Bestellungen dienen. Auf dieser Grundlage werden die Maße genommen, mit denen sich dann unter anderem Hosen und Hemden bestellen lassen. „Maßgeschneiderte Hemden kriegt man bei uns für 49 Euro und, falls die Größe gleich auf Lager ist, liefern wir innerhalb von wenigen Tagen. Ansonsten in drei Wochen“, sagt Maezawa. „Da kann kein Schneider mithalten.“

Erst mal kam wie auch bei Tesla die Begeisterung: Der Zozosuit gewann Designpreise, unter anderem vom „Time Magazine“. Ironiebegabte Menschen zogen ihn pur an, als Draußenbekleidung. Nicht ganz so Mutige machten den Suit zumindest zu Halloween dann zu einem Instagram-Trend. Dann setzte die Ernüchterung ein: Mit zunehmenden Nutzerzahlen kamen schnell lautstarke Kritik und Enttäuschung. Kunden beklagten sich, dass nichts so richtig passte, die Qualität der Ware sich nicht von billiger Fast Fashion unterscheide und außerdem dem einen oder anderen die immense Datensammelei des Unternehmens auf den Keks ginge.

Ein Bild von einer Maßhose mit absurd riesiger Hosentasche machte die Runde, #zozofails trendete immer mal wieder und spülte der Menschheit tolle Fotos von beknackt geschneiderter Kleidung in die Timelines. Die PR war jedenfalls in Krisenbereitschaft und sagte, dass die Fehler von falsch sitzenden Suits über Schwierigkeiten beim Messvorgang bis hin zu „subjektivem Empfinden“ reichen könnten. Also alles Probleme, die man als First Mover mit selbst entwickelter Technologie und Wertschöpfungskette am Anfang so hat. Dumm auch, dass die Entwicklung des dem Endverbraucher immerhin gratis zur Verfügung gestellten Zozosuit viel Geld verschlang. So viel, dass in dem Quartal des Japan-Release des Anzugs die Gewinne um mehr als ein Viertel zurückgingen.

Maezawa stört das alles nicht. Der Suit ist nur als Werkzeug gedacht, um sein Unternehmen zu einer der zehn größten Modemarken der Welt zu machen. So wird der japanische Modekonzern Uniqlo ganz offen angegriffen. Deren wärmendes Textilkonzept „Heat­tech“ kupfert Zozo ganz selbstbewusst unter dem recht schamlos anmutenden Labelnamen „Zozoheat“ ab. Na ja, Start Today eben. Mittlerweile scheint Maezawa auch den Suit schon hinter sich zu lassen, in Japan jedenfalls lässt er bereits eine KI die Körpervermessung vornehmen. Maezawa weiß, dass er noch viel Arbeit vor sich hat. Das zehntgrößte Modeunternehmen der Welt, der japanische Konkurrent Shimamura, schaffte doppelt so viel Umsatz wie Zozo.

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