Productivity & New Work Stell dir vor, dein Job wäre eine offene Beziehung

Stell dir vor, dein Job wäre eine offene Beziehung

Als Angestellter verbringst du fast ein Drittel deiner Lebenszeit am Arbeitsplatz – in 35 Arbeitsjahren fast 80.000 Stunden. Das ist wahrscheinlich mehr Zeit, als du mit deinem Lebenspartner oder in deinen Beziehungen verbringst. Während wir in der Beziehung darauf Wert legen, glücklich zu sein, ist Glück bei der Arbeit allerdings ein immer noch unterbewerteter Faktor. Dabei gibt es einige Parallelen zwischen Arbeit und Liebe.

In einer Beziehung macht man genauso Pläne und entwickelt Zukunftsvisionen wie in seinem Job. Reisen, Kinder, Wohnung oder Haus hier – Beförderung, neue Aufgaben und Projekte dort. Das Verhältnis zum Arbeitgeber ist auch formal ein bisschen so wie eine Ehe: Arbeitsvertrag und Standesamtsurkunde bezeugen die Absicht von Beständigkeit und Sicherheit. Und trotzdem ist diese Sicherheit nie hundertprozentig. In einer Ehe können die Scheidungspapiere genauso schnell auf dem Tisch liegen wie ein Kündigungsschreiben.

Frisch verliebt: die rosarote Brille

Zum Beginn einer neuen Beziehung denkt man natürlich noch nicht an Scheidung. Frisch Verliebte haben die rosarote Brille auf, es gibt nichts Negatives, am liebsten ist man 24/7 zusammen und will gar nicht mehr voneinander lassen. So ähnlich ist es auch im Beruf: Neuer Job, geiles Gefühl. Die Arbeit ist spannend, der Feierabend ist ganz schnell da, und am liebsten würde man dann immer noch weiterarbeiten.

Jeder wünscht sich, dass diese Phase nie vorüber geht. Tut sie aber. Die kleinen Macken des Partners, die man anfangs noch so „niedlich“ fand, fangen langsam aber sicher an zu nerven. Gemeinsame Aktivitäten wiederholen sich, der Themen-Pool für Gespräche erschöpft sich, es gibt immer weniger Neues zu entdecken. Was anfangs interessant war, ist irgendwann abgegessen. Und auf der Arbeit? Auch da kehrt irgendwann Routine ein. Der Alltagstrott schleicht sich ein. Was vorher spannend war, wird langweilig und nervig. Routine und Langeweile sind Beziehungskiller, in der Liebe genauso wie im Job.

Serielle Monogamie? Und immer wieder grüßt das Murmeltier

Was machen viele, wenn sie merken, es läuft in der Liebe nicht mehr rund? Sie trennen sich. Und dann erleben sie mit dem nächsten Partner die gleiche Entwicklung noch einmal. Früher nannte man das serielle Monogamie, heute wohl eher „das Tinder-Phänomen“.

Im Arbeitsleben kannst du kündigen und in eine neue Firma wechseln, sobald es langweilig wird. Klar, es kann Spaß machen, immer wieder Neues anzuschieben und alle paar Monate den Job zu wechseln. Das kannst du eine Zeitlang so machen, aber nicht dein Arbeitsleben lang. Denn wenn du zehn Mal etwas angestoßen hast und den Weg niemals weitergehst, bleiben dir viele neue und wertvolle Erfahrungen verborgen. Dazu hat jeder Wechsel enorme „Transaktionskosten“ – und irgendwann bist du schlicht zu alt und für potenzielle Partner und Firmen nicht mehr attraktiv. Das ist wie mit den Typen, die alle paar Wochen mit einer neuen Freundin aufkreuzen. Die nicht alleine sein können und trotzdem jedem Konflikt aus dem Weg gehen. Irgendwann bleiben sie allein.

Die Arbeit wieder sexy machen

Anstatt immer wieder in dieselbe Falle zu tappen, kann man an der Beziehung arbeiten und sie wieder spannend machen. Genauso geht das im Beruf. In einigen Unternehmen gibt es institutionalisierte Lösungen wie Job Rotation oder die Mitarbeit in einem internen Startup. Oder du machst eigene Vorschläge, die dir mehr Freiheit geben und deine Arbeit wieder sexy machen. Das alles ist eine Art „Paartherapie“ mit deinem Job.

Wenn das nicht reicht, gibt es noch einen etwas krasseren Vorschlag, den die wenigsten mit ihrem Partner im echten Leben ausprobieren würden. Was wäre, wenn das Verhältnis zu deinem Arbeitgeber eine „offene Beziehung“ wird, du also parallel noch etwas anderes machst? Das heißt, du arbeitest ganz normal als Angestellter – aber nebenbei machst du – ganz offiziell, wir reden ja nicht von Fremdgehen – etwas, was dir Abwechslung und Spaß bringt. Zum Beispiel ein eigenes kleines Business: ein sogenanntes „4-Stunden-Startup“. Dafür brauchst du kein Büro und kein Venture Capital, sondern bloß Neugier, Mut und ein paar Stunden Zeit pro Woche. Diese „offene Beziehung“ ist im Job viel leichter umzusetzen als im Privatleben. Zumindest bei mir war es so. Wie es dazu kam und wie du deinen Chef davon überzeugst – dazu mehr beim nächsten Mal.

 

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