Female Entrepreneurship Nguyen-Kim: „Ich bin dafür, dass der Mittagsschlaf in Büros etabliert wird“

Nguyen-Kim: „Ich bin dafür, dass der Mittagsschlaf in Büros etabliert wird“

Dein Promotionsthema waren Polymere, was den meisten von uns als Plastik bekannt ist. Was kann die Chemie denn für mehr Nachhaltigkeit tun?

Chemie ist nicht immer giftig und schlecht. Viele Chemiker versuchen sich an der Natur zu orientieren und beschäftigen sich damit, was für eine Art von Chemie man beispielsweise in Pflanzen findet und wie man sie einsetzen und nachbauen kann. Und ja, die Chemie hat uns Plastik geschenkt, aber sie ist jetzt auch dabei abbaubares Bio-Plastik herzustellen. Man kann die Chemie natürlich dazu einsetzen, um Profit zu machen, man kann sie aber auch nutzen, um eine nachhaltigere Welt zu gestalten.

Hast du ein Beispiel aus dem Alltag, wie mit Chemie Profit geschlagen wird?

Ich habe mal ein Video zu Mizellen-Produkte gedreht. „Mizellen“ ist im Grunde genommen nur ein fancy Wort für Seife. Letztendlich werden wir da schon ein wenig verarscht. Wenn wir keine Ahnung von Chemie oder Naturwissenschaften haben, kann das mit cleverem Marketing natürlich geschickt ausgenutzt werden.

Gibt es denn auch in der Arbeitswelt solche Mythen, die wissenschaftlich gesehen keinen Sinn ergeben?

Ja, da fällt mir spontan Multitasking ein. Das gibt es in diesem Sinne gar nicht. Das Gehirn kann nicht zwei Sachen gleichzeitig machen. Man kann nur schnell zwischen verschiedenen Tasks hin und her switchen. Es ist auch nachgewiesen, dass Multitasking zu Ineffizienz führt. Auch “Work hard, play hard” geht medizinisch gesehen nicht ganz auf, wegen des Schlafmangels. Wir bilden uns zwar ein, wir könnten uns an Schlafmangel und ein hartes Arbeitsleben gewöhnen, aber misst man die Dinge wie Aufmerksamkeit oder Konzentration physikalisch, so geht die Leistungsfähigkeit mit jedem Tag Schlafmangel einfach nur bergab.

Mai Thi Nguyen-Kim
Nguyen-Kim ist nicht nur Youtuberin, sondern auch Fernsehmoderation und wurde letztes Jahr zur Journalistin des Jahres in der Kategorie „Wissenschaft“ ausgezeichnet. ©Viet Nguyen-Kim

Wie sieht es dann aus mit dem Early-Bird-Modus, den viele so anstreben, um die Produktivität zu steigern?

Es ist tatsächlich so, dass jeder Mensch eine eigene innere Uhr hat, die genetisch bedingt ist. Und je nachdem wann die aktiv ist, bin ich eher ein Früh– oder Spätaufsteher. Viele von uns sind aber eher Spätaufsteher. Doch Frühaufsteher haben den Ruf fleißig zu sein, und das ist Quatsch, weil man kann gegen seine Gene wenig machen.

Wenn man genetisch bedingt Spätaufsteher ist, sich morgens aber früh aus dem Bett quält, kann man sich auch nicht “umerziehen”. Denn man wird abends trotzdem nicht früher müde. Die Folge ist chronischer Schlafmangel. Ich bin nachgewiesenermaßen ein Spätaufsteher. Es gibt eine Forschungsgruppe in Berlin, die haben eine neue Methode entwickelt, da konnte ich das messen lassen.

Hast du denn Tipps gegen Müdigkeit im Büro?

Ich bin absolut dafür, dass der Mittagsschlaf in Büros etabliert wird. Das wäre richtig gut. Die Funktion von Schlaf ist, dass das Gehirn Pause machen kann. Mit einem kurzen Nap kann das Hirn sich kurz rechargen.

Und wie steht es um den guten alten Kaffee?

Koffein funktioniert. So viel ist sicher. Letztendlich hat das was mit Hirnchemie zu tun. Ob ich müde werde oder nicht, sagt uns unser Gehirn. Je mehr Energie wir verbrauchen, desto mehr entsteht von einem Molekül namens, Adenosin. Und für Adenosin haben wir in unserem Gehirn Rezeptoren und je mehr davon blockiert sind, desto müder fühlen wir uns. Koffein kann die Adenosin-Moleküle verdrängen. Und deswegen denken wir, wir sind fit.

Last but not least: Was ist deiner Meinung nach das Beste, das die Wissenschaft hervorgebracht hat?

Der Staubsaugerroboter.

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