Leadership & Karriere „Was nicht hammergeil ist, kommt weg“ – Richtig reden, frei nach Thomas D

„Was nicht hammergeil ist, kommt weg“ – Richtig reden, frei nach Thomas D

Thomas D ist nicht nur als Musiker ein großes Talent. Stationen seines Lebenswerks lassen sich auch auf die Rhetorik übertragen, das zeigte ein Vortrag der Hip Hop Legende. Vier Lehren über wirkungsvolles Reden.

Thomas D ist längst nicht mehr nur als Musiker, sondern auch als streitbare Stimme in Gesellschaftsdebatten bekannt. So setzt er sich unter anderem für Umweltthemen, einen nachhaltigen Lebensstil, benachteiligte Kinder und gegen Rassismus ein.

Entsprechend freute ich mich darauf, ihn bei einer Veranstaltung, bei der wir beide auf der Rednerliste standen, über seinen Werdegang sprechen zu hören und gut unterhalten zu werden. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte: Nach dem Vortrag war ich nicht nur um zahlreiche Geschichten aus einem spannenden Lebenswerk reicher – sondern auch um einige Erkenntnisse, die sich direkt auf die Rhetorik übertragen lassen.

Vorhang auf für vier Prinzipien wirkungsvoller Rhetorik – frei nach Thomas D.

1. Authentizität: Bloß nicht verbiegen

Als die Fantastischen Vier als Gruppe von Hip Hop-Fans zusammenfanden, war die Musikrichtung in Deutschland noch eine Randerscheinung. Nur einige Insider beschäftigten sich damals ernsthaft mit Hip Hop – und es gab ihn nur auf Englisch. So versuchten sich auch die Fanta 4 zunächst in der Ursprungssprache des Stils.

Bei einer Session mit amerikanischen Kollegen lernten die jungen Enthusiasten jedoch schnell, was Fremdschämen bedeutet. So besannen sie sich an Ort und Stelle ganz einfach auf ihre Stärke. Mitten in der Session wechselten sie kurzerhand die Sprache. Daraufhin wechselte auch die Reaktion der Amerikaner von Fremdschämen zu Begeisterung: „Oh, that’s real!“ Die Geburt einer deutschen Musiklegende – auf der Basis von Authentizität.

Den Stil anderer zu kopieren und Trends hinterherzujagen führt auch in der Rhetorik in den seltensten Fällen zu nachhaltigem Erfolg. Das Publikum spürt immer, wenn ein Redner sich verbiegt. Die eigenen Ausdrucksmöglichkeiten zu nutzen und konsequent auszuspielen ist immer das bessere Rezept.

2. Begeisterung: Nicht auf Krampf gut rüberkommen wollen

Die ersten Konzerte der Fantastischen Vier waren laut Gründungsmitglied Thomas D gelinde gesagt experimentelle Veranstaltungen. „Wir waren ja keine richtige Band“, sagt der Frontmann: Einer rappt, einer scratcht, zwei zappeln. Aber die vier hatten sichtlich Spaß dabei – und das blieb auch dem Publikum nicht verborgen. Wenn die so abgehen auf der Bühne, dann ist das vielleicht das neue große Ding? Irgendwann entwickelte dieses Resonanzprinzip dann eine Eigendynamik – und füllte Hallen.

Begeisterung steckt an – auch in der Rhetorik. Wichtiger als alle Trends und Kategorien ist, dass sich die Begeisterung des Redners auf das Publikum überträgt. Wer Spaß an seinem Thema hat, wirkt immer – auch mit ungewöhnlichen Mitteln. Schließlich ist das Überraschungsmoment ein wichtiger rhetorischer Wirkverstärker.

3. Reduktion: Weniger wirkt mehr

Eine direkte Parallele zwischen Musik und Rhetorik ist auch die rigorose Qualitätskontrolle. Den Entstehungsprozess eines Erfolgs-Albums beschreibt der Chart-Veteran mit einer einfachen Formel: „Alles, was nicht hammergeil ist, kommt weg.“ Ein großartiger Merksatz auch für die Entwicklung einer guten Rede.

Das Prinzip mag kontraintuitiv klingen, ist aber eines der wichtigsten Prinzipien der rhetorischen Wirkung: Weniger ist in der freien Rede fast immer mehr. Mehr sagen heißt nicht mehr wirken. Jedes überflüssige Wort, das wir addieren, subtrahiert Wirkung. Je mehr wir sagen, desto weniger wirkt die einzelne Aussage. So schmerzhaft es sein mag: Alles, was auch nur einen Halbsatz zu weit von der Kernbotschaft wegführt oder die Rede insgesamt nicht aufwertet, gehört gestrichen.

4. Entwicklung: Inhalte frisch halten

Routine wird bei Bühnenpersönlichkeiten oft als Qualitätsmerkmal betrachtet, doch sie hat auch ihre Tücken. Wer könnte das besser beurteilen als einer, der seine größten Hits Tausende Male zum Besten gegeben hat. Irgendwann, so Thomas D, kommt der Punkt, wo man keinen Bock mehr auf die eigenen Songs hat. Dann braucht man neue Songs, um sich selbst zu „kicken“, wie der Künstler es beschreibt.

Auch für Redner ist es wichtig, ein Gefühl für die Vergänglichkeit von Wirkung zu entwickeln. Nicht nur, weil das Publikum irgendwann auch des größten Hits überdrüssig wird. Sondern auch, damit man auf der Bühne den Spaß am eigenen Tun nicht verliert und sich nachhaltig herausgefordert fühlt. Neue Inhalte und sprachliche Experimente zwingen mich, beim Reden achtsam und wach zu sein. Und sie helfen mir, den Sog des Themas auch selbst immer wieder aufs Neue zu spüren.

Bonus-Tipp vom Star: Gedächtnisstützen sind erlaubt

Ja, auch Superstars müssen sich Texte merken. Bei einem Titel hatte Thomas D damit nach eigener Aussage besonders große Schwierigkeiten damit: Der Song „MfG“ vom 1999er Album „4:99“ besteht zu drei Vierteln aus Abkürzungen. Wie hat er das bloß fehlerfrei hingekriegt? „Am Anfang hatte ich tatsächlich einen Notenständer auf der Bühne stehen und habe beim Rappen draufgeschaut.“

Hat es seiner Wirkung irgendeinen Abbruch getan? Natürlich nicht. Wen interessiert ein Notenständer, wenn daneben Thomas D eskaliert?

Mal ehrlich: Wenn sogar er sich auf der Bühne lieber das Manuskript zugänglich macht, als das Risiko eines Texthängers einzugehen, dann können wir wirklich mal aufhören, Gedächtnisstützen zu verteufeln. Was wird das Publikum wohl schlimmer finden: einen Redner, der mal kurz nach unten schaut – oder einen Redner, der partout nicht mehr weiterweiß?

Wirkung hoch vier: Vier Rhetorik-Tipps frei nach Thomas D

Vom Bühnenprofi Thomas D können wir eine Menge lernen. Den hohen Anspruch an die eigene Kunst merkt man nicht nur dem Musiker, sondern auch dem Redner Thomas D an. Hip Hop und Rhetorik haben eben einiges gemeinsam: Geil muss es schon sein.

 

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