Leadership & Karriere Crime: Graf Victor Lustig verkaufte alles – auch den Eiffelturm

Crime: Graf Victor Lustig verkaufte alles – auch den Eiffelturm

Wir schreiben das Jahr 1926 und der falsche Graf steht vor dem Hawthorne Hotel in Chicago. Dort hat sich der berüchtigte Mafia-Boss in einer pompösen Suite eingerichtet. Die Adresse ist jedem bekannt, der Zeitung liest. Wie immer tritt Victor Lustig als naiver, aber vermögender Aristokrat auf. Den Leibwächtern von Capone erzählt er, er möchte mit ihrem Chef Geschäfte machen. Die Bodyguards zeigen jedoch nur wenig Interesse ihn vorzulassen. Es ist aber diese Hartnäckigkeit und Unbeirrbarkeit in der Ausführung eines Plans, die Lustig am Ende immer wieder triumphieren lässt. Nach einer Weile lässt man ihn gewähren. Al Capone könnte schließlich ein gutes Geschäft entgehen.

Im Gespräch mit dem bekanntesten Mobster Amerikas macht Lustig folgendes Angebot: Capone möge ihm ein kleines Investment anvertrauen, das er innerhalb von nur 60 Tagen an der Wall Street verdoppeln könne. Ein lukratives Geschäft, ohne jeden Aufwand. Capone ist von dem selbstsicheren Auftreten beeindruckt und vertraut ihm 50.000 Dollar an. Lustig nimmt das Geld und verabschiedet sich höflich.

Und dann? Passiert erstmal nichts.

Lustig bunkert das Geld und wartet ab. Als die 60 Tage vorbei sind, kehrt er nach Chicago zurück und besucht einschlägige Bars. Die Geldeintreiber des Mafia-Bosses entdecken ihn und bringen ihn ins Hawthrone Hotel. Da sitzt also Victor Lustig wieder vor Al Capone und verzieht traurig das Gesicht. Er gesteht: Er konnte den Gewinn nicht realisieren – das Börsengeschäft hat nicht funktioniert. Al Capone ist außer sich und kurz davor diesem Nichtsnutz die blutigen Konsequenzen zu demonstrieren, da greift Lustig in seine Jackentasche und zieht ein Bündel Geld hervor. Er entschuldigt sich erneut dafür, dass das versprochene Investment nicht aufgegangen sei – er selbst habe dabei sein ganzes Vermögen verloren, aber hier sind die 50.000 Dollar von Capone. Der Gangster ist sprachlos. Er hatte felsenfest damit gerechnet, dass er sein Geld nie wieder sehen würde und dann das. So einen ehrenwerten Geschäftsmann hat Capone selten gesehen. Überwältigt von der Ehrlichkeit dieses Mannes schenkt er ihm 5.000 Dollar in bar (AnmdRed.: Zu der Höhe des Geldbetrages gibt es widersprüchliche Angaben).

Auf nichts anderes hatte es Victor Lustig scheinbar von Anfang an abgesehen. Er hat dem prominentesten Gangster seiner Zeit, vielleicht sogar aller Zeiten, um mehrere tausend Dollar erleichtert. Ohne jede Anwendung von Gewalt, ohne jede Unterstützung durch Zweiten. Einfach so als eine One-Man-Show.

Wanted: Involviert in einen landesweiten Betrugsfall war Victor Lustig ein gefragter Mann. Credits: Jeff Maysh

Einige Jahre später verließ den falschen Grafen jedoch das Glück. Involviert in einen landesweiten Betrugsfall stand er plötzlich im Zentrum der Ermittlungsbehörden. Diese waren einem gewissen William Watts auf der Spur, der das ganze Land mit Falschgeld überzogen hatte. Als dieser gefasst wurde, gab er zu: ein gewisser Victor Lustig habe ihm beim Vertrieb der Geldmenge geholfen. Um genauer zu sein: Lustig sei der beste Verteiler von Falschgeld, der ihm jemals begegnet sei. Wochen später sitzt Lustig hinter Gittern. 46. Mal ist er im Laufe seines Lebens verhaftet worden, immer konnte er seinen Kopf aus der Schlinge der Justiz ziehen. Jetzt aber gibt es kein Entkommen mehr.

Schutzpatron Capone

Nachdem er sich jahrzehntelang in Europa und den USA in den besten Kreisen bewegt, Vermögende, Angestellte und selbst Mobster um ihr Geld gebracht hatte, ist es jetzt mit der glänzenden Fassade vorbei. Als gebrochener Mann von 45 Jahren nimmt er teilnahmslos das Urteil entgegen: Das Gericht verurteilt ihn wegen schweren vorsätzlichen Betrugs zu 20 Jahren Zuchthaus und das auch noch im berüchtigsten Knast der Welt: auf der Gefängnisinsel Alcatraz, in der Bucht von San Francisco.

Im Gefängnis geht es übel zu. Victor Lustig war ein Verbrecher der etwas feineren Art. Er hat nie mit Gewalt seine Verbrechen begangen, er hat seine Betrügereien mit List und – man muss es sagen – mit einer ordentlichen Portion Gerissenheit begangen. Auf Alcatraz trifft er auf schwere Jungs, die für einen „Gentleman Gangster“ nichts übrig haben. Das änderte sich schlagartig ab 1934, als Capone ebenfalls nach Alcatraz verlegt wurde. Er hielt seine schützende Hand über Lustig, den er noch immer als ein Ehrenmann in Erinnerung hatte. Als Capone aber nur fünf Jahre später das Gefängnis wieder verlässt, wendet sich erneut das Blatt für Lustig – zum Schlechteren.

Nach 13 Jahren hinter Gittern erkrankt der selbsternannte Graf und mehrfache Verkäufer des Eiffelturms an einer schweren Lungenentzündung und stirbt nur wenige Tage später im Alter von 57 Jahren. Überlebt hat hingegen sein krimineller Genie-Streich – und der Eiffelturm.

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