Leadership & Karriere Der Oz-Faktor: Wie man abstrakte Konzepte verankert

Der Oz-Faktor: Wie man abstrakte Konzepte verankert

Im Business werfen wir oft mit abstrakten Konzepten um uns und wundern uns, wenn nichts davon kleben bleibt: die drei USP des Unternehmens, die fünf Knackpunkte der Qualitätskontrolle, die fünf Leitwerte für die Zukunft. Besser klappt es mit einer Geschichte. Da wird der Zauberer von Oz schon mal zum Berater in Fachfragen. Im Gegensatz zu Aristoteles hat den nämlich jeder gelesen.

Das mag jetzt harter Tobak für jede Führungskraft und jeden Entrepreneur sein, der meint, dass seine Leute ihm an den Lippen hängen. Aber es ist nun mal eine Tatsache: Es ist ein weiter Weg vom Absender einer Botschaft zum Empfänger. Lost in translation, anyone?

Nur weil man Menschen etwas einmal gesagt hat, heißt das noch lange nicht, dass sie es verstanden haben. Dass man es gebetsmühlenartig wiederholt, heißt noch nicht, dass sie es dadurch besser verstehen würden. Und dass es dem Absender wichtig ist, heißt noch lange nicht, dass sie sich dafür begeistern können.

Bullet Points: Rein in den Schädel, raus aus dem Schädel

Für die abstrakten Begriffe und Konzepte, die wir uns im Business-Alltag unreflektiert um die Ohren hauen, gilt das ganz besonders. Einmal die fünf Leitwerte für die Zukunft in den Raum gebellt und an die Wand gebeamt, und schon geht ein Ruck durchs Unternehmen und übermorgen ist Börsengang? So läuft das nicht.

Damit sie Inhalte verstehen, akzeptieren und verinnerlichen, brauchen Menschen einen Bezug zu den abstrakten Bullet Points. Sonst gehen sie den Weg, den Bullets eben gehen: rein in den Schädel und auf der anderen Seite wieder raus.

Storytelling hat sich besonders dabei bewährt, abstrakte Inhalte zu verankern. Denn mit Figuren können wir uns wesentlich besser identifizieren als mit abstrakten Begriffen.

Abstraktes ohne Konkretion bleibt abstrakt

Ein Beispiel aus meinem Alltag: Ich bin öfter mal in der Situation, Menschen die „drei Beweise“ zu erklären – eine alte griechische Philosophie, die auf Aristoteles zurückgeht. Die „drei Beweise“ haben eine hohe Relevanz in der Rhetorik, denn sie helfen dabei, dass die Zuhörer einem Redner Glauben schenken.

Ich hatte damit nur leider lange Zeit zwei Probleme. Das eine ist, dass es sich um altgriechische Begriff handelt. Die drei Beweise heißen Ethos, Pathos und Logos. Die meisten Menschen schalten automatisch auf Standby, wenn sie das hören. Auch die Theorie dahinter kommt im Original ziemlich abstrakt daher. Das zweite Problem ist, dass nicht nur meine Zuhörer damit hadern. Ich hatte auch selbst früher immer Probleme, mir die drei Begriffe und die jeweilige Definition zu merken und gut herzuleiten.

Oz vs. Aristoteles

Bis ich einen Text las, in dem der Autor die drei Begriffe mit der Geschichte des Zauberers von Oz verknüpfte. Das war für mich eine Offenbarung, denn den Zauberer von Oz hatte ich meinem kleinen Sohn gefühlte tausendmal vorgelesen. Dort gibt es drei Figuren, welche die drei Attribute in Reinform verkörpern:

  • Ethos ist das, was der feige Löwe in Form von Mut gesucht hat.
  • Der Blechmann verkörpert auf seiner Suche nach einem Herzen das Pathos.
  • Die Vogelscheuche, die nach Verstand sucht, steht idealtypisch für Logos.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Den Zauberer von Oz hat im Gegensatz zu Aristoteles fast jeder gelesen – oder vielleicht auch, wie ich, seinen Kindern erst kürzlich vorgelesen. Und selbst wenn nicht, helfen Bilder der drei Figuren dem Gehirn dabei, die abstrakten philosophischen Begriffe und ihre Bedeutung eindeutig zuzuordnen.

Plötzlich hatte ich keinerlei Probleme mehr, mir die Begriffe zu merken und verständlich zu erklären. Und seit ich auf Oz zurückgreife, wenn ich anderen die „drei Beweise“ vorstelle, haben auch meine Zuhörer keine Schwierigkeiten mehr damit.

Abstrakte Konzepte lassen sich besser verankern, wenn wir sie mit einer Geschichte, bestimmten Figuren oder anderen Analogien verknüpfen. Denn wenn das Pathos sich langweilt, runzelt das Ethos skeptisch die Stirn, während das Logos nach Fehlern sucht. Begeisterung sieht anders aus.

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