Leadership & Karriere Wacken-Gründer Thomas Jensen: „Eine Marke ist ein Versprechen – und Versprechen muss man halten“

Wacken-Gründer Thomas Jensen: „Eine Marke ist ein Versprechen – und Versprechen muss man halten“

Das Wacken Open Air ist für Fans weltweit der Höhepunkt der Festivalsaison. Was viele nicht sehen: die Organisation dahinter. Wacken ist nicht nur eine Veranstaltung, sondern ein mittelständisches Unternehmen. Die Firma hinter dem Festival veranstaltet eine große Anzahl weiterer Events, die zugehörige Stiftung fördert u.a. weltweit Bands und veranstaltet Musik-Camps für Jugendliche. Dr. Nico Rose hat ein Interview mit Gründer Thomas Jensen geführt.

Thomas, gemeinsam mit Holger Hübner bist du Begründer des Wacken Open Air (W:O:A), dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt. 2019 feiert ihr mit rund 85.000 Gästen aus aller Welt 30-jähriges Jubiläum. In einem »ordentlichen Unternehmen« denkt da der eine oder andere ans Aufhören – oder zumindest die Übergabe an die nächste Generation. Wie schaut es bei dir aus?

Bei uns schaut’s gut aus – Rock till we drop! Im Ernst, natürlich ist das ein Thema. Aufhören wollen wir beide ganz sicher nicht, Musik ist unser Leben. Aber Aufgaben ans Team abgeben, das Team stärken, fokussieren, Nachfolger aufbauen, alle Themen, die Unternehmen und Unternehmer beschäftigen sollten, stehen natürlich auch bei uns an. Da müssen wir noch viele Hausaufgaben machen. Theorie vs. Praxis, Traum vs. Realität sind da die Herausforderung, genauso wie bei vielen, mit denen ich spreche.

Das Wacken-Universum ist ein etabliertes mittelständisches Unternehmen. Neben der Veranstaltung weiterer Festivals promoted ihr Künstler, kümmert euch ums Merchandising – selbst eine Wacken-Stiftung gibt es seit Jahren. Ich vermute, dass ihr viele weitere Angebote von Unternehmen erhaltet, die von eurer Marke profitieren wollen. In der Metal-Szene ist Glaubwürdigkeit allerdings ein hoher Wert, da kann ein Fehlgriff schnell Sympathien verspielen. Wie entscheidet ihr, ob jemand oder etwas zu euch passt?

Viel Bauchgefühl, Trial-and-Error. Diskussionen, lautstark und heftig! Ja, da wird auch gestritten: Auf der anderen Seite sind wir 30 Jahre grob in eine Richtung gesegelt, die harte Seite der Musik war und ist unser Fixstern; Künstler und Fans sind für uns immer maßgeblich, das wird auch in Zukunft so sein. Aber wir wollen auch auf zu neuen Ufern, Neues entdecken und nicht langweilig werden. Da geht’s darum, neue Impulse zu setzen, zu lernen, aber es geht uns auch darum, unsere Communities zu »metalisieren«. Wir bleiben dran! Wenn wir mal daneben liegen, dann sind wir uns auch nicht zu schade, um Entschuldigung zu bitten.

Rund um das Festival im Sommer seid ihr mit dem W:O:A einer der größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Auffällig ist auch, dass ihr es schafft, eine Armee von Freiwilligen zu mobilisieren, von Polizei und Feuerwehr über Sanitäter bis hin zu Reinigungskräften. Von so viel Engagement träumt jedes Unternehmen. Wie schafft ihr das? Natürlich kommen die Leute wegen der Musik – aber das kann nicht alles sein, denn bei anderen Festivals gibt es das nicht in der gleichen Qualität.

Vielen Dank, wenn wir so positiv wahrgenommen werden! Wacken ist nicht nur für Holger und mich (wir sind da aufgewachsen) und die Fans, sondern auch für Mitarbeiter, Dienstleister und Künstler ein Zuhause, Familie geworden. 30 Jahre sind eine verdammt lange Zeit, auch wenn es mir oft nicht so vorkommt. Ich denke immer noch, wir fangen doch gerade erst an.

Auch arbeiten wir für ein sehr geiles Ziel: Dieser Musik, diesen Fans, diesen Bands eine Heimat zu geben – oder diese große Zusammenkunft zu bescheren, wie auch immer man es nennen möchte. Wacken macht Sinn! Wacken ist gewachsen und nicht in der Retorte entstanden. Mit ganz viel Leidenschaft, Emotion und Sehnsucht nach Freiheit haben wir es zu dem gemacht, was es für jeden Einzelnen heute ist. Das muss nicht für jeden das Gleiche sein, aber im Zeichen des Wacken-Schädels ziehen alle an einem Strang.

Dr. Nico Rose war Gast in unserem Business-Punk-Podcast „How to Hack“ und sprach mit Host Tijen Onaran zum Thema Verhandeln. Zur Podcast-Folge kommt ihr, wenn ihr auf das Bild klickt.

 

Im Gegensatz zur Aggressivität der Musik und der Aufmachung der Fans ist das W:O:A als ausgesprochen friedlicher Ort bekannt. Die statistischen Auswertungen von Feuerwehr und Polizei zeigen, dass die Anzahl von Polizeieinsätzen und medizinischen Notfällen Jahr für Jahr weit unter jenen Werten liegt, die man bei einer solchen Mammut-Veranstaltung erwarten müsste. Ich vermute, dass hat auch etwas mit der besonderen Wacken-Kultur zu tun. Was sind deine Gedanken hierzu?

Ich denke da an die gewachsene Struktur, den Familiengedanken – man passt aufeinander auf. Die Party ist das Ziel, die Musik verbindet, wir sind Buddies und Friends. Auch das Vertrauen der Fans in die Organisation, die Ordnungskräfte, die Behörden und die Polizei ist über 30 Jahren gewachsen. Man fühlt sich sicher, das ist nicht immer und überall einfach in diesen Zeiten. Auf der anderen Seite sehen »die Offiziellen« unsere Fans nach all den Jahren trotzdem nicht als amorphe Masse oder als Mob, sondern als Teil dieser unglaublichen Woche. Man vertraut sich.

Habt ihr eigentlich Unternehmenswerte? Also derart, dass die irgendwo aufgeschrieben sind? Ich meine jetzt nicht »In Metal we trust!« oder so etwas, sondern zur Frage, wie die Menschen in eurem Unternehmen arbeiten sollten, was ihnen wichtig sein sollte usw.

Authentisch, ehrlich, laut! Da arbeiten wir seit Jahren dran und werden doch nie fertig. Loyalität und Vertrauen sind uns wichtig. Bei der Dokumentation ist noch Luft nach oben … haha!

Das W:O:A ist meist ein Jahr im Voraus innerhalb weniger Tage ausverkauft. Die Leute kaufen die Tickets blind, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, welche Bands im kommenden Jahr spielen werden. Das zeugt für mich von einem hohen Vertrauen gegenüber der »Marke Wacken«. Welchen Tipp hättest du abschließend für Unternehmen, die euch in dieser Hinsicht nacheifern möchten?

Eine Marke ist ein Versprechen – und Versprechen muss man halten! Das versuche ich auch gerade meinen beiden Töchtern (sechs und acht) beizubringen. Auch, wenn’s weh tut oder schwerfällt.

Das Interview ist ein Auszug aus Dr. Nico Roses Buch: Arbeit besser machen: Positive Psychologie für Personalarbeit und Führung, das vor einigen Wochen bei Haufe erschienen ist.

 

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